18.08.2022, 19:57
Liebe alle,
wie löst Ihr folgende rechtliche Situation:
Sicherstellung nach § 43 Nr. 1 PolG NRW ist rm. Nunmehr liegen Vss der Sicherstellung nicht mehr vor, sodass Herausgabeanspruch aus § 46 I 1 PolG NRW besteht.
Betroffener wendet sich gg Sicherstellung und verlangt Herausgabe:
- AFK gg Sicherstellung scheitert aufgrund RMK.
- Welche Rechtsschutzform ist hinsichtlich des Herausgabeverlangens statthaft?
An sich würde ich einen Annexantrag nach § 113 I 2 VwGO annehmen. Allerdings frage ich mich, ob dieser überhaupt erfolgreich sein kann, wenn die AFK unbegründet ist.
Muss dann eine Klageänderung zu einer allg LK erfolgen?
Wie formuliere ich das in der statthaften Rechtsschutzform, wenn ich mich noch nicht festlegen kann? (1. StEx)
Vielen Dank im Voraus für Eure Erfahrung!
wie löst Ihr folgende rechtliche Situation:
Sicherstellung nach § 43 Nr. 1 PolG NRW ist rm. Nunmehr liegen Vss der Sicherstellung nicht mehr vor, sodass Herausgabeanspruch aus § 46 I 1 PolG NRW besteht.
Betroffener wendet sich gg Sicherstellung und verlangt Herausgabe:
- AFK gg Sicherstellung scheitert aufgrund RMK.
- Welche Rechtsschutzform ist hinsichtlich des Herausgabeverlangens statthaft?
An sich würde ich einen Annexantrag nach § 113 I 2 VwGO annehmen. Allerdings frage ich mich, ob dieser überhaupt erfolgreich sein kann, wenn die AFK unbegründet ist.
Muss dann eine Klageänderung zu einer allg LK erfolgen?
Wie formuliere ich das in der statthaften Rechtsschutzform, wenn ich mich noch nicht festlegen kann? (1. StEx)
Vielen Dank im Voraus für Eure Erfahrung!
18.08.2022, 23:13
Hier stellen sich mehrere Fragen:
1.
Klärungsbedürftig wäre zunächst, ob die Sicherstellung tatsächlich ein Verwaltungsakt war - das lässt sich (insbesondere bei Sicherstellungen in Abwesenheit des Betroffenen durchaus anders sehen).
2.
Die Verwaltungsaktqualität und damit die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage unterstellt, ist es aus meiner Sicht auch nicht selbstverständlich, dass diese in der Sache keinen Erfolg hat. Hier kommt es auf den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Anfechtungsklage an. Ist das - wie üblicherweise bei Anfechtungsklagen - der Zeitpunkt der Behördenentscheidung, dann hast du sicherlich recht (so i. Erg. der HessVGH). Vertretbar ist aber auch, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen, da es sich bei der Sicherstellung um einen Dauerverwaltungsakt handelt.
3.
Für die Einordnung des Herausgabeantrags muss man sich zunächst darüber im Klaren sein, was der Annexantrag überhaupt ist.
Der Annexantrag ist im Prinzip nur eine prozessuale Vereinfachung für die auf Vollzugsfolgenbeseitigung gerichtete Leistungsklage, weil er es dem Kläger ermöglicht, die Vollzugsfolgenbeseitigung bereits zusammen mit der Aufhebung des vollzogenen Verwaltungsakts geltend zu machen, obwohl der Vollzugs-FBA eigentlich erst mit Rechtskraft des Urteils entsteht (weil erst mit der Rechtskraft des Urteils der Verwaltungsakt aufgehoben und damit seine Bindungswirkung beseitigt wird).
4.
Geht man - was vertretbar ist - davon aus, dass es sich bei § 46 I 1 PolG NRW um eine schlicht-hoheitliche Herausgabe handelt, ist die Leistungsklage statthaft, entweder als "originäre" allgemeine Leistungsklage oder eben als Annexantrag. Aus meiner Sicht ist die Annahme eines Annexantrags unter Berücksichtigung der o.g. Bedeutung des § 113 I 2 VwGO aber nicht besonders überzeugend (auch wenn es durchaus so vertreten wird). Denn § 46 I 1 PolG NRW entkoppelt den Herausgabeanspruch gerade von einer Aufhebung der Sicherstellungsanordnung. Man könnte sogar mit dem HessVGH (s. das oben zitierte Urteil) von einer Erledigung der Sicherstellungsverfügung mit Wegfall der Voraussetzungen ausgehen (dann wäre in Bezug auf den Anfechtungsantrag evtl. an eine Auslegung als Fortsetzungsfeststellungsantrag zu denken). Die prozessuale Erleichterung, die § 113 I 2 VwGO schafft, ist hier nicht erforderlich.
Es lässt sich m.E. aber auch vertreten, dass über die Herausgabe zunächst durch Verwaltungsakt entschieden wird. Dann wäre das prozessual eine Konstellation, in der man über die analoge Anwendbarkeit des § 113 I 2 VwGO auf die Verpflichtungsklage nachdenken müsste (denn bei dieser Auslegung des § 46 I 1 PolG NRW wäre die Rechtskraft des Verpflichtungsurteils über den Herausgabeanspruch Voraussetzung für den Vollzug der Herausgabe).
Vertreten kann man hier vieles. Es sollte nur gut begründet und harmonisch/in sich stimmig sein.
1.
Klärungsbedürftig wäre zunächst, ob die Sicherstellung tatsächlich ein Verwaltungsakt war - das lässt sich (insbesondere bei Sicherstellungen in Abwesenheit des Betroffenen durchaus anders sehen).
2.
Die Verwaltungsaktqualität und damit die Statthaftigkeit der Anfechtungsklage unterstellt, ist es aus meiner Sicht auch nicht selbstverständlich, dass diese in der Sache keinen Erfolg hat. Hier kommt es auf den maßgeblichen Zeitpunkt für die Beurteilung der Anfechtungsklage an. Ist das - wie üblicherweise bei Anfechtungsklagen - der Zeitpunkt der Behördenentscheidung, dann hast du sicherlich recht (so i. Erg. der HessVGH). Vertretbar ist aber auch, auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen, da es sich bei der Sicherstellung um einen Dauerverwaltungsakt handelt.
3.
Für die Einordnung des Herausgabeantrags muss man sich zunächst darüber im Klaren sein, was der Annexantrag überhaupt ist.
Der Annexantrag ist im Prinzip nur eine prozessuale Vereinfachung für die auf Vollzugsfolgenbeseitigung gerichtete Leistungsklage, weil er es dem Kläger ermöglicht, die Vollzugsfolgenbeseitigung bereits zusammen mit der Aufhebung des vollzogenen Verwaltungsakts geltend zu machen, obwohl der Vollzugs-FBA eigentlich erst mit Rechtskraft des Urteils entsteht (weil erst mit der Rechtskraft des Urteils der Verwaltungsakt aufgehoben und damit seine Bindungswirkung beseitigt wird).
4.
Geht man - was vertretbar ist - davon aus, dass es sich bei § 46 I 1 PolG NRW um eine schlicht-hoheitliche Herausgabe handelt, ist die Leistungsklage statthaft, entweder als "originäre" allgemeine Leistungsklage oder eben als Annexantrag. Aus meiner Sicht ist die Annahme eines Annexantrags unter Berücksichtigung der o.g. Bedeutung des § 113 I 2 VwGO aber nicht besonders überzeugend (auch wenn es durchaus so vertreten wird). Denn § 46 I 1 PolG NRW entkoppelt den Herausgabeanspruch gerade von einer Aufhebung der Sicherstellungsanordnung. Man könnte sogar mit dem HessVGH (s. das oben zitierte Urteil) von einer Erledigung der Sicherstellungsverfügung mit Wegfall der Voraussetzungen ausgehen (dann wäre in Bezug auf den Anfechtungsantrag evtl. an eine Auslegung als Fortsetzungsfeststellungsantrag zu denken). Die prozessuale Erleichterung, die § 113 I 2 VwGO schafft, ist hier nicht erforderlich.
Es lässt sich m.E. aber auch vertreten, dass über die Herausgabe zunächst durch Verwaltungsakt entschieden wird. Dann wäre das prozessual eine Konstellation, in der man über die analoge Anwendbarkeit des § 113 I 2 VwGO auf die Verpflichtungsklage nachdenken müsste (denn bei dieser Auslegung des § 46 I 1 PolG NRW wäre die Rechtskraft des Verpflichtungsurteils über den Herausgabeanspruch Voraussetzung für den Vollzug der Herausgabe).
Vertreten kann man hier vieles. Es sollte nur gut begründet und harmonisch/in sich stimmig sein.