23.03.2021, 16:28
Hallo zusammen,
ich habe eine Frage zu dem Thema Haupt-und Hilfsantrag:
Kaiser schreibt im Skript, dass im Falle einer erfolgreichen Verteidigung des Beklagten durch Aufrechnung gegen den Hauptantrag auf den Hilfsantrag nicht mehr einzugehen ist. Stattdessen sei die Klage abzuweisen, ohne dass der Hilfsantrag zum Zuge kommt.
Das verstehe ich ehrlich gesagt nicht so ganz. Der Hilfsantrag steht doch gerade unter der Bedingung des Scheiterns des Hauptantrages? Im Fall der erfolgreichen Aufrechnung wäre der Hauptantrag ja gerade nicht begründet, sodass doch die Bedingung eingreifen müsste, oder habe ich einen Denkfehler?
LG
ich habe eine Frage zu dem Thema Haupt-und Hilfsantrag:
Kaiser schreibt im Skript, dass im Falle einer erfolgreichen Verteidigung des Beklagten durch Aufrechnung gegen den Hauptantrag auf den Hilfsantrag nicht mehr einzugehen ist. Stattdessen sei die Klage abzuweisen, ohne dass der Hilfsantrag zum Zuge kommt.
Das verstehe ich ehrlich gesagt nicht so ganz. Der Hilfsantrag steht doch gerade unter der Bedingung des Scheiterns des Hauptantrages? Im Fall der erfolgreichen Aufrechnung wäre der Hauptantrag ja gerade nicht begründet, sodass doch die Bedingung eingreifen müsste, oder habe ich einen Denkfehler?
LG
23.03.2021, 18:57
Ich kenne diese Stelle im Kaiserskript nicht, da ich das betreffende Skript nicht gelesen habe.
Zur Frage:
Unter welchen Voraussetzungen über den Hilfsantrag zu entscheiden ist, bestimmt der Kläger mit der Formulierung der Bedingung für den Hilfsantrag. Die Bedingung kann man ohne Weiteres so formulieren, dass über den Hilfsantrag nur zu erkennen ist, wenn der Hauptantrag bereits ohne die Prozessaufrechnung nicht durchdringt.
Fehlt eine konkrete Formulierung der Bedingung, ist der Antrag auszulegen. Dass bei der Anknüpfung des Hilfsantrags an die Erfolgslosigkeit des Hauptantrags die Bedingung für den Fall einer erfolgreichen Prozessaufrechnung regelmäßig so auszulegen ist wie im Kaiserskript anscheinend dargestellt, halte ich ebenfalls für zweifelhaft. Das mag im Einzelfall naheliegend sein (Bsp.: Gestritten wird über die Wirksamkeit eines Kaufvertrages. Hauptantrag auf Kaufpreiszahlung, Hilfsantrag auf Rückgabe und Rückübereignung der Kaufsache. Wird der Kaufvertrag als wirksam angesehen, der Hauptantrag aber wegen erfolgreicher Prozessaufrechnung abgewiesen, will der Kläger wohl eher nicht mehr, dass auch noch sein Hilfsantrag abgewiesen wird). Vor allem wenn Haupt- und Hilfsantrag aber überhaupt nichts miteinander zu tun haben (Bsp.: Hauptantrag auf Kaufpreiszahlung, Hilfsantrag auf Darlehensrückzahlung), leuchtet mir auch nicht so recht ein, warum über den Hilfsantrag bei erfolgreicher Prozessaufrechnung nicht mehr entschieden werden sollte.
Aber wie gesagt: Ich kenne die betreffende Stelle im Kaiserskript nicht und kann daher nicht beurteilen, was dort steht.
Zur Frage:
Unter welchen Voraussetzungen über den Hilfsantrag zu entscheiden ist, bestimmt der Kläger mit der Formulierung der Bedingung für den Hilfsantrag. Die Bedingung kann man ohne Weiteres so formulieren, dass über den Hilfsantrag nur zu erkennen ist, wenn der Hauptantrag bereits ohne die Prozessaufrechnung nicht durchdringt.
Fehlt eine konkrete Formulierung der Bedingung, ist der Antrag auszulegen. Dass bei der Anknüpfung des Hilfsantrags an die Erfolgslosigkeit des Hauptantrags die Bedingung für den Fall einer erfolgreichen Prozessaufrechnung regelmäßig so auszulegen ist wie im Kaiserskript anscheinend dargestellt, halte ich ebenfalls für zweifelhaft. Das mag im Einzelfall naheliegend sein (Bsp.: Gestritten wird über die Wirksamkeit eines Kaufvertrages. Hauptantrag auf Kaufpreiszahlung, Hilfsantrag auf Rückgabe und Rückübereignung der Kaufsache. Wird der Kaufvertrag als wirksam angesehen, der Hauptantrag aber wegen erfolgreicher Prozessaufrechnung abgewiesen, will der Kläger wohl eher nicht mehr, dass auch noch sein Hilfsantrag abgewiesen wird). Vor allem wenn Haupt- und Hilfsantrag aber überhaupt nichts miteinander zu tun haben (Bsp.: Hauptantrag auf Kaufpreiszahlung, Hilfsantrag auf Darlehensrückzahlung), leuchtet mir auch nicht so recht ein, warum über den Hilfsantrag bei erfolgreicher Prozessaufrechnung nicht mehr entschieden werden sollte.
Aber wie gesagt: Ich kenne die betreffende Stelle im Kaiserskript nicht und kann daher nicht beurteilen, was dort steht.
24.03.2021, 13:46
(23.03.2021, 16:28)Gast2828 schrieb: Hallo zusammen,
ich habe eine Frage zu dem Thema Haupt-und Hilfsantrag:
Kaiser schreibt im Skript, dass im Falle einer erfolgreichen Verteidigung des Beklagten durch Aufrechnung gegen den Hauptantrag auf den Hilfsantrag nicht mehr einzugehen ist. Stattdessen sei die Klage abzuweisen, ohne dass der Hilfsantrag zum Zuge kommt.
Das verstehe ich ehrlich gesagt nicht so ganz. Der Hilfsantrag steht doch gerade unter der Bedingung des Scheiterns des Hauptantrages? Im Fall der erfolgreichen Aufrechnung wäre der Hauptantrag ja gerade nicht begründet, sodass doch die Bedingung eingreifen müsste, oder habe ich einen Denkfehler?
LG
Ohne den konkreten Sachverhalt zu kennen, ist deine Frage nur schwer zu beantworten. Pauschal betrachtet kommen mir aber einige Szenarien in Betracht, in denen der Hinweis in dem Skript durchaus Sinn macht.
Beispiel: Der Kläger macht mit dem Hauptantrag einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung geltend machen. Der Beklagte behauptet, dass er den Kaufvertrag wirksam angefochten habe und erklärt hilfsweise die Aufrechnung. Für den Fall, dass das Gericht den Abschluss eines Kaufvertrages und den damit einhergehenden Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises verneint, beantragt der Kläger hilfsweise die Rückgabe der Kaufsache nach § 812 BGB. Hält das Gericht den Kaufpreisanspruch für begründet, fällt der Hilfsantrag aus § 812 BGB natürlich weg; unabhängig davon, ob der Beklagte mit seiner Aufrechnung durchdringt.
24.03.2021, 14:02
Ps: Der Kläger müsste seinen Antrag im Fall der erfolgreichen Aufrechnung aber nach § 264 Nr. 2 ZPO im Wege der einseitigen Erledigungserklärung auf Feststellung umstellen; sonst trägt er die Kosten.
26.03.2021, 10:52
Der Hilfsantrag des Klägers kommt ja nur dann zum Zuge, wenn der Hauptantrag abgelehnt wurde. Wird der Hauptantrag hingegen zugesprochen und nicht erlischt aufgrund Aufrechnung des Beklagten, kann der Hilfsantrag nicht darüber hinaus herangezogen werden, weil der Hauptantrag gerade nicht abgelehnt wurde (wäre mE schon ein Verstoß gegen die Dispositionsmaxime, dann hätte der Kläger aus dem Hilfsantrag einen zweiten Hauptantrag machen müssen). Außerdem handelt es sich bei dem Hilfsantrag ja idR um denselben Streitgegenstand. Wenn aufgrund der Aufrechnung des Beklagten gegen den Hauptantrag bereits über diesen Streitgegenstand entschieden wurde, kann man nicht aufgrund des Hilfsantrags ein zweites Mal darüber entscheiden.
Wenn es um den Hilfsantrag des Beklagten geht (so habe ich es beim ersten Lesen verstanden), ist die Sache ja ziemlich einfach:
Wenn der Beklagte die Aufrechnung, hilfsweise zB die Erfüllung nur Zug-um-Zug beantragt (mir fällt spontan keine sinnvollere Konstellation ein), dann käme es bei erfolgreicher Aufrechnung nicht mehr auf den Hilfsantrag des Beklagten an.
Wenn es um den Hilfsantrag des Beklagten geht (so habe ich es beim ersten Lesen verstanden), ist die Sache ja ziemlich einfach:
Wenn der Beklagte die Aufrechnung, hilfsweise zB die Erfüllung nur Zug-um-Zug beantragt (mir fällt spontan keine sinnvollere Konstellation ein), dann käme es bei erfolgreicher Aufrechnung nicht mehr auf den Hilfsantrag des Beklagten an.
26.03.2021, 10:54
*"und nicht erlischt aufgrund Aufrechnung des Beklagten"
26.03.2021, 11:14
Noch ein Beispiel, um zu verdeutlichen, was ich meine:
Kläger K verlangt Rückzahlung des KP von 1000 Euro infolge erklärten Rücktritts und hilfsweise, wenn gar kein Vertrag zustande gekommen sei, 1000 Euro aus 812 BGB. Der Beklagte stellt den Vertragsabschluss unstreitig und rechnet mit einer eigenen Forderung gegen den Hauptantrag auf. Dann könnte man auf den Hilfsantrag nicht mehr zurückgreifen, weil 1. über den Hauptantrag bereits entschieden wurde und 2. die Aufrechnung des Beklagten auch für den allerhöchstens alternativ zuzusprechenden Hilfsantrag gelten würde, wenn man das Bestehen oder Nichtbestehen eines Vertragsverhältnisses außer Acht lässt.
Kläger K verlangt Rückzahlung des KP von 1000 Euro infolge erklärten Rücktritts und hilfsweise, wenn gar kein Vertrag zustande gekommen sei, 1000 Euro aus 812 BGB. Der Beklagte stellt den Vertragsabschluss unstreitig und rechnet mit einer eigenen Forderung gegen den Hauptantrag auf. Dann könnte man auf den Hilfsantrag nicht mehr zurückgreifen, weil 1. über den Hauptantrag bereits entschieden wurde und 2. die Aufrechnung des Beklagten auch für den allerhöchstens alternativ zuzusprechenden Hilfsantrag gelten würde, wenn man das Bestehen oder Nichtbestehen eines Vertragsverhältnisses außer Acht lässt.
26.03.2021, 11:14
(26.03.2021, 10:52)Gast schrieb: Der Hilfsantrag des Klägers kommt ja nur dann zum Zuge, wenn der Hauptantrag abgelehnt wurde. Wird der Hauptantrag hingegen zugesprochen und nicht erlischt aufgrund Aufrechnung des Beklagten, kann der Hilfsantrag nicht darüber hinaus herangezogen werden, weil der Hauptantrag gerade nicht abgelehnt wurde (wäre mE schon ein Verstoß gegen die Dispositionsmaxime, dann hätte der Kläger aus dem Hilfsantrag einen zweiten Hauptantrag machen müssen). Außerdem handelt es sich bei dem Hilfsantrag ja idR um denselben Streitgegenstand. Wenn aufgrund der Aufrechnung des Beklagten gegen den Hauptantrag bereits über diesen Streitgegenstand entschieden wurde, kann man nicht aufgrund des Hilfsantrags ein zweites Mal darüber entscheiden.
Wenn es um den Hilfsantrag des Beklagten geht (so habe ich es beim ersten Lesen verstanden), ist die Sache ja ziemlich einfach:
Wenn der Beklagte die Aufrechnung, hilfsweise zB die Erfüllung nur Zug-um-Zug beantragt (mir fällt spontan keine sinnvollere Konstellation ein), dann käme es bei erfolgreicher Aufrechnung nicht mehr auf den Hilfsantrag des Beklagten an.
Diese Begründung halte ich für falsch. Haupt- und Hilfsantrag bilden stets verschiedene Streitgegenstände. Das ergibt sich zwingend aus dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff.
26.03.2021, 14:15
(26.03.2021, 11:14)Gästle schrieb:(26.03.2021, 10:52)Gast schrieb: Der Hilfsantrag des Klägers kommt ja nur dann zum Zuge, wenn der Hauptantrag abgelehnt wurde. Wird der Hauptantrag hingegen zugesprochen und nicht erlischt aufgrund Aufrechnung des Beklagten, kann der Hilfsantrag nicht darüber hinaus herangezogen werden, weil der Hauptantrag gerade nicht abgelehnt wurde (wäre mE schon ein Verstoß gegen die Dispositionsmaxime, dann hätte der Kläger aus dem Hilfsantrag einen zweiten Hauptantrag machen müssen). Außerdem handelt es sich bei dem Hilfsantrag ja idR um denselben Streitgegenstand. Wenn aufgrund der Aufrechnung des Beklagten gegen den Hauptantrag bereits über diesen Streitgegenstand entschieden wurde, kann man nicht aufgrund des Hilfsantrags ein zweites Mal darüber entscheiden.
Wenn es um den Hilfsantrag des Beklagten geht (so habe ich es beim ersten Lesen verstanden), ist die Sache ja ziemlich einfach:
Wenn der Beklagte die Aufrechnung, hilfsweise zB die Erfüllung nur Zug-um-Zug beantragt (mir fällt spontan keine sinnvollere Konstellation ein), dann käme es bei erfolgreicher Aufrechnung nicht mehr auf den Hilfsantrag des Beklagten an.
Diese Begründung halte ich für falsch. Haupt- und Hilfsantrag bilden stets verschiedene Streitgegenstände. Das ergibt sich zwingend aus dem zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff.
Stimmt! Danke für den Hinweis.