01.03.2020, 14:47
Hi,
kann mir jemand sagen, wie der Arbeitsalltag eines Richters am Landgericht aussieht, insbesondere direkt nach dem Berufseinstieg? Ich könnte mir grundsätzlich vorstellen, nach dem Ref als Richterin zu arbeiten. Hier fängt man i.d.R. am Landgericht (ZR) an, ich war in der Zivilstation aber am Amtsgericht, sodass mir da die Einblicke fehlen. Bisher weiß ich nur, dass man wohl sowohl als Einzelrichter tätig ist, als auch mit der Kammer verhandelt, aber wie genau läuft das ab? Wäre schön, wenn mir jemand von seinem Alltag berichten könnte. Konkret geht es mir um folgende Fragen:
Bearbeite ich als Einzelrichter auch die Spezialsachen der Kammer (z.B. Arzthaftung oder Architektenrecht), oder ein allgemeines Dezernat?
Wie läuft die Arbeit in der Kammer ab? Ich schätze, ich bereite die Akten vor und schreibe Voten (und nehme natürlich mit an den Verhandlungen teil)?
Wie viel Arbeit entfällt auf die Vorbereitung für die Kammersachen (votieren etc.) und wie viel macht die Tätigkeit als Einzelrichter aus?
Mir ist klar, dass insbesondere Letzteres je nach Bundesland, Dezernat, Vorsitzendem etc. sehr unterschiedlich sein wird. Trotzdem würde ich mich über Erfahrungsberichte freuen, da ich da wie gesagt gar keine Vorstellung hab.
Viele Grüße
kann mir jemand sagen, wie der Arbeitsalltag eines Richters am Landgericht aussieht, insbesondere direkt nach dem Berufseinstieg? Ich könnte mir grundsätzlich vorstellen, nach dem Ref als Richterin zu arbeiten. Hier fängt man i.d.R. am Landgericht (ZR) an, ich war in der Zivilstation aber am Amtsgericht, sodass mir da die Einblicke fehlen. Bisher weiß ich nur, dass man wohl sowohl als Einzelrichter tätig ist, als auch mit der Kammer verhandelt, aber wie genau läuft das ab? Wäre schön, wenn mir jemand von seinem Alltag berichten könnte. Konkret geht es mir um folgende Fragen:
Bearbeite ich als Einzelrichter auch die Spezialsachen der Kammer (z.B. Arzthaftung oder Architektenrecht), oder ein allgemeines Dezernat?
Wie läuft die Arbeit in der Kammer ab? Ich schätze, ich bereite die Akten vor und schreibe Voten (und nehme natürlich mit an den Verhandlungen teil)?
Wie viel Arbeit entfällt auf die Vorbereitung für die Kammersachen (votieren etc.) und wie viel macht die Tätigkeit als Einzelrichter aus?
Mir ist klar, dass insbesondere Letzteres je nach Bundesland, Dezernat, Vorsitzendem etc. sehr unterschiedlich sein wird. Trotzdem würde ich mich über Erfahrungsberichte freuen, da ich da wie gesagt gar keine Vorstellung hab.
Viele Grüße
Erste Infos zum Bewerbungsverfahren für den Justizdienst findest Du auf den Richter-Infoseiten von Juristenkoffer.de:
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
https://www.juristenkoffer.de/richter/
Darüber hinaus sollte man sich dann mit dem Karriere-Dossier über die Einstellungschancen und Bewerbungsvoraussetzungen informieren. Optional besteht zudem die Möglichkeit, auf die vielen hunderten Erfahrungsberichte anderer Juristen zuzugreifen, die bereits das Bewerbungsverfahren erfolgreich absolviert haben:
https://www.juristenkoffer.de/richter/karriere-dossier-richter-staatsanwalt-werden.php
01.03.2020, 16:22
Hallöchen,
also bei mir ist es so, dass die Spezialzuständigkeit (Arzthaftung) nur auf der Kammer ist. Die Einzelrichtersachen kommen also aus dem allgemeinen Zivilrecht. Das hängt aber tatsächlich sehr von dem Gebiet und deinem Vorsitzenden ab. Baurecht ist bei mir im Gericht meistens auch nur auf der Kammer, da die Rügen häufig recht umfangreich sind. Ich habe aber auch schon von Proberichtern gehört, bei denen es je nach Höhe des Streitwerts verteilt wird. Alles andere (z.B. Bank- und Versicherungsrecht) ist bei uns sowohl Kammer- als auch Einzelrichtertätigkeit soweit ich weiß.
Aus meiner Sicht ist das aber kein Nachteil. So kannst du von den Kammersitzungen direkt profitieren und es bei dir umsetzen.
Was die Verteilung der Arbeitszeit angeht, hängt auch das viel vom Gebiet und Vorsitzendem ab. Bei mir ist mehr Kammertätigkeit. Ich habe 3- 6 Voten pro Woche und 2 Einzelrichtersitzungen. Für die Voten müssen wir nur den Sachverhalt in Stichpunkten zusammenfassen und auch die rechtliche Würdigung nur stichwortartig skizzieren. Andere müssen tatsächlich schon den Sachverhalt wie ein Urteil abfassen. Das benötigt natürlich viel mehr Zeit in der Vorbereitung, dafür geht das Urteil schreiben nachher schneller.
Mein Arbeitsalltag sieht ungefähr wie folgt aus: Vormittags stets die Dezernatsarbeit, was also direkt wegkann (Fristverlängerung; Aktenversendung an SV etc), nachmittags die Sachen die länger dauern (wie PKH, wenn komplizierter; Beweisbeschlüsse etc); hinzukommen je nach Tag noch die folgenden Sachen schwerpunktmäßig:
Montag: Einzelrichtersitzungen
Dienstag: Kammerberatung + Urteile schreiben
Mittwoch: Kammersitzung
Donnerstag: Voten
Freitag: Einzelrichtersitzungen vorbereiten
Die einzelnen oben aufgelisteten Aufgaben nehmen natürlich unterschiedlich viel Zeit in Anspruch. So ist die Kammersitzung tagfüllend, sodass nur noch wenig Zeit übrig bleibt, wohingegen meine Einzelrichtersitzungsvorbereitung bei mir mit 2 Sachen meist nicht so viel Zeit in Anspruch nimmt.
Die Aufteilung ist natürlich nicht starr, ich kann da variieren. Fest sind nur die Sitzungstage und dass am Freitagmittag die Voten abgegeben werden müssen. Je nachdem wie viel Zeit am Nachmittag noch ist, wird dann eben mehr oder weniger von den länger dauernden Sachen erledigt. Oder Urteile geschrieben. Urteile dauern je nach Umfang natürlich unterschiedlich, sodass der Dienstag allein meist nicht ausreicht. Aber dieser Tag ist eben schwerpunktmäßig dafür vorgesehen.
Falls es passt, kannst du ja noch deine Wahlstation bei einer Kammer machen. Dann kannst du besser sehen, wie es bei dir in der Nähe konkret mit der Arbeitslastverteilung aussieht.
also bei mir ist es so, dass die Spezialzuständigkeit (Arzthaftung) nur auf der Kammer ist. Die Einzelrichtersachen kommen also aus dem allgemeinen Zivilrecht. Das hängt aber tatsächlich sehr von dem Gebiet und deinem Vorsitzenden ab. Baurecht ist bei mir im Gericht meistens auch nur auf der Kammer, da die Rügen häufig recht umfangreich sind. Ich habe aber auch schon von Proberichtern gehört, bei denen es je nach Höhe des Streitwerts verteilt wird. Alles andere (z.B. Bank- und Versicherungsrecht) ist bei uns sowohl Kammer- als auch Einzelrichtertätigkeit soweit ich weiß.
Aus meiner Sicht ist das aber kein Nachteil. So kannst du von den Kammersitzungen direkt profitieren und es bei dir umsetzen.
Was die Verteilung der Arbeitszeit angeht, hängt auch das viel vom Gebiet und Vorsitzendem ab. Bei mir ist mehr Kammertätigkeit. Ich habe 3- 6 Voten pro Woche und 2 Einzelrichtersitzungen. Für die Voten müssen wir nur den Sachverhalt in Stichpunkten zusammenfassen und auch die rechtliche Würdigung nur stichwortartig skizzieren. Andere müssen tatsächlich schon den Sachverhalt wie ein Urteil abfassen. Das benötigt natürlich viel mehr Zeit in der Vorbereitung, dafür geht das Urteil schreiben nachher schneller.
Mein Arbeitsalltag sieht ungefähr wie folgt aus: Vormittags stets die Dezernatsarbeit, was also direkt wegkann (Fristverlängerung; Aktenversendung an SV etc), nachmittags die Sachen die länger dauern (wie PKH, wenn komplizierter; Beweisbeschlüsse etc); hinzukommen je nach Tag noch die folgenden Sachen schwerpunktmäßig:
Montag: Einzelrichtersitzungen
Dienstag: Kammerberatung + Urteile schreiben
Mittwoch: Kammersitzung
Donnerstag: Voten
Freitag: Einzelrichtersitzungen vorbereiten
Die einzelnen oben aufgelisteten Aufgaben nehmen natürlich unterschiedlich viel Zeit in Anspruch. So ist die Kammersitzung tagfüllend, sodass nur noch wenig Zeit übrig bleibt, wohingegen meine Einzelrichtersitzungsvorbereitung bei mir mit 2 Sachen meist nicht so viel Zeit in Anspruch nimmt.
Die Aufteilung ist natürlich nicht starr, ich kann da variieren. Fest sind nur die Sitzungstage und dass am Freitagmittag die Voten abgegeben werden müssen. Je nachdem wie viel Zeit am Nachmittag noch ist, wird dann eben mehr oder weniger von den länger dauernden Sachen erledigt. Oder Urteile geschrieben. Urteile dauern je nach Umfang natürlich unterschiedlich, sodass der Dienstag allein meist nicht ausreicht. Aber dieser Tag ist eben schwerpunktmäßig dafür vorgesehen.
Falls es passt, kannst du ja noch deine Wahlstation bei einer Kammer machen. Dann kannst du besser sehen, wie es bei dir in der Nähe konkret mit der Arbeitslastverteilung aussieht.
01.03.2020, 18:11
(01.03.2020, 14:47)GastNRWRef schrieb: Hi,
kann mir jemand sagen, wie der Arbeitsalltag eines Richters am Landgericht aussieht, insbesondere direkt nach dem Berufseinstieg? Ich könnte mir grundsätzlich vorstellen, nach dem Ref als Richterin zu arbeiten. Hier fängt man i.d.R. am Landgericht (ZR) an, ich war in der Zivilstation aber am Amtsgericht, sodass mir da die Einblicke fehlen. Bisher weiß ich nur, dass man wohl sowohl als Einzelrichter tätig ist, als auch mit der Kammer verhandelt, aber wie genau läuft das ab? Wäre schön, wenn mir jemand von seinem Alltag berichten könnte. Konkret geht es mir um folgende Fragen:
Bearbeite ich als Einzelrichter auch die Spezialsachen der Kammer (z.B. Arzthaftung oder Architektenrecht), oder ein allgemeines Dezernat?
Wie läuft die Arbeit in der Kammer ab? Ich schätze, ich bereite die Akten vor und schreibe Voten (und nehme natürlich mit an den Verhandlungen teil)?
Wie viel Arbeit entfällt auf die Vorbereitung für die Kammersachen (votieren etc.) und wie viel macht die Tätigkeit als Einzelrichter aus?
Mir ist klar, dass insbesondere Letzteres je nach Bundesland, Dezernat, Vorsitzendem etc. sehr unterschiedlich sein wird. Trotzdem würde ich mich über Erfahrungsberichte freuen, da ich da wie gesagt gar keine Vorstellung hab.
Viele Grüße
Bei Lesen des Titels habe ich mir die Frage gestellt, worin sich eigentlich der Arbeitsalltags eines Proberichters von dem eines verplanten Richters unterscheiden soll? Der Arbeitsalltag eines Anwalts in der Probezeit...macht auch keinen Sinn oder?
01.03.2020, 18:18
(01.03.2020, 18:11)Der echte Norden schrieb:(01.03.2020, 14:47)GastNRWRef schrieb: Hi,
kann mir jemand sagen, wie der Arbeitsalltag eines Richters am Landgericht aussieht, insbesondere direkt nach dem Berufseinstieg? Ich könnte mir grundsätzlich vorstellen, nach dem Ref als Richterin zu arbeiten. Hier fängt man i.d.R. am Landgericht (ZR) an, ich war in der Zivilstation aber am Amtsgericht, sodass mir da die Einblicke fehlen. Bisher weiß ich nur, dass man wohl sowohl als Einzelrichter tätig ist, als auch mit der Kammer verhandelt, aber wie genau läuft das ab? Wäre schön, wenn mir jemand von seinem Alltag berichten könnte. Konkret geht es mir um folgende Fragen:
Bearbeite ich als Einzelrichter auch die Spezialsachen der Kammer (z.B. Arzthaftung oder Architektenrecht), oder ein allgemeines Dezernat?
Wie läuft die Arbeit in der Kammer ab? Ich schätze, ich bereite die Akten vor und schreibe Voten (und nehme natürlich mit an den Verhandlungen teil)?
Wie viel Arbeit entfällt auf die Vorbereitung für die Kammersachen (votieren etc.) und wie viel macht die Tätigkeit als Einzelrichter aus?
Mir ist klar, dass insbesondere Letzteres je nach Bundesland, Dezernat, Vorsitzendem etc. sehr unterschiedlich sein wird. Trotzdem würde ich mich über Erfahrungsberichte freuen, da ich da wie gesagt gar keine Vorstellung hab.
Viele Grüße
Bei Lesen des Titels habe ich mir die Frage gestellt, worin sich eigentlich der Arbeitsalltags eines Proberichters von dem eines verplanten Richters unterscheiden soll? Der Arbeitsalltag eines Anwalts in der Probezeit...macht auch keinen Sinn oder?
Das kann allein deshalb schon einen Unterschied machen, weil man hier z.B. in den ersten Monaten kein volles Dezernat bearbeitet. Ich danke dir aber für deinen überaus hilfreichen Beitrag. <3
Danke dagegen tatsächlich an Gast 123 für die Einblicke, das hilft mir sehr weiter. :)