17.04.2025, 17:47
Hallo Leute,
ich bin kein Jurist, sondern nur Verwaltungsbeamter im g.D. . Auf openjur lese ich mir teilweise aus beruflichem, aber auch aus privatem Interesse Urteile durch, besonders im Verwaltungsrecht und Beamtenrecht. Mich beeindruckt ehrlich gesagt diese meist sehr geschliffene und pointierte Ausrucksweise, für mich kommt das schon so vor wie großes Tennis des deutschen Sprachgebrauchs.
Wie lernt man (speziell als Richter), sich so auszudrücken und nicht in sowas wie Umgangssprache zu verfallen? Viele der Urteile sind ja zig Seiten lang und dieses Niveau wird bis zum Ende aufrecht erhalten...
Meine Frage hört sich für euch vielleicht naiv an, aber es interessiert mich wirklich.
ich bin kein Jurist, sondern nur Verwaltungsbeamter im g.D. . Auf openjur lese ich mir teilweise aus beruflichem, aber auch aus privatem Interesse Urteile durch, besonders im Verwaltungsrecht und Beamtenrecht. Mich beeindruckt ehrlich gesagt diese meist sehr geschliffene und pointierte Ausrucksweise, für mich kommt das schon so vor wie großes Tennis des deutschen Sprachgebrauchs.
Wie lernt man (speziell als Richter), sich so auszudrücken und nicht in sowas wie Umgangssprache zu verfallen? Viele der Urteile sind ja zig Seiten lang und dieses Niveau wird bis zum Ende aufrecht erhalten...
Meine Frage hört sich für euch vielleicht naiv an, aber es interessiert mich wirklich.
17.04.2025, 18:12
Es gibt so einen gewissen Fundus an typisch juristischen Formulierungen, den man einfach unbewusst adaptiert, weil man ab Semester 1 diese Sätze in den Lösungsskizzen usw. liest. Das muss - so zumindest meine Meinung - niemand extra "lernen".
Vieles ist auch "Textbaustein". Also, das hat irgendwann mal wer schön formuliert und seitdem wirds halt so rein kopiert bei Prüfungspunkt X.
Vieles ist auch "Textbaustein". Also, das hat irgendwann mal wer schön formuliert und seitdem wirds halt so rein kopiert bei Prüfungspunkt X.
17.04.2025, 18:14
Ich denke, dass das niemand geübt hat.
Man ist mind. 7 Jahre in einem rechtswissenschaftlichen Umfeld und übernimmt es sukzessiv.
Es sind halt 5 Jahre Studium, in dem man ständig auch Urteile oder Rechtstexte liest. Man produziert Klausuren, Hausarbeiten, Seminararbeiten (d.h. und formuliert entsprechend dem, was man kennt).
Dann nochmal 2 Jahre Rechtsreferendariat.
Aber am Ende ist die größte Herausforderung so zu formulieren, dass es einerseits präzise zutrifft und andererseits vom Adressaten (Bürger) verstanden wird. An letzterem scheitern viele Juristen.
Man ist mind. 7 Jahre in einem rechtswissenschaftlichen Umfeld und übernimmt es sukzessiv.
Es sind halt 5 Jahre Studium, in dem man ständig auch Urteile oder Rechtstexte liest. Man produziert Klausuren, Hausarbeiten, Seminararbeiten (d.h. und formuliert entsprechend dem, was man kennt).
Dann nochmal 2 Jahre Rechtsreferendariat.
Aber am Ende ist die größte Herausforderung so zu formulieren, dass es einerseits präzise zutrifft und andererseits vom Adressaten (Bürger) verstanden wird. An letzterem scheitern viele Juristen.
17.04.2025, 20:16
Gerade wenn es Urteile von Kollegialgerichten sind, d.h. mehrere Richter entscheiden, geht das ganze auch durch mehrere Hände (und das teilweise auch mehrfach). Es ist - auch als Einzelrichter - selten so, dass der erste Aufschlag so aussieht. Die Urteile sind daher auch deshalb sprachlich „schön“, weil einfach lange dran gefeilt wurde.
18.04.2025, 09:50
Wer Urteile veröffentlichen will, strengt sich natürlich meist auch besonders an.
Schön lernen kann man eine präzise und zugleich wunderbar schlichte Sprache z.B. an den Büchern von Schellhammer.
Jedenfalls ist das vermeintliche "Juristendeutsch" der Behörden weder schön noch juristisch ;)
Schön lernen kann man eine präzise und zugleich wunderbar schlichte Sprache z.B. an den Büchern von Schellhammer.
Jedenfalls ist das vermeintliche "Juristendeutsch" der Behörden weder schön noch juristisch ;)
18.04.2025, 13:10
Ich denke, dass der Grund auch in der "Vorarbeit" vorheriger Richtergenerationen liegen könnte, von denen die spätere bzw. heutige Generation durch Rückgriff profitiert.
Vom 19. bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war das Abitur und somit der Zugang zum Studium nur einer (relativ) kleinen Klientel aus dem Bildungsbürgertum eröffnet. Neben dem Studium der Rechtswissenschaften wurde nicht selten zusätzlich ebenfalls bspw. Philosophie, (Kunst-)Geschichte, Weltliteratur oder Germanistik studiert. Die deutsche Sprache und das Selbstverständnis des deutschen Bildungsbürgertums war eine andere als die heutige.
Ich könnte mir jedenfalls vorstellen, dass durch diese "Richtergenerationen" eine wesentliche Grundlage für die sprachliche Virtuosität heutiger Urteile gelegt wurde. Der Fundus von Urteilen bei openJur/Beck/Juris ist jedenfalls riesig, sodass man sich als Referendar/Berufseinsteiger o.ä. gut "bedienen/inspirieren" kann. Im Übrigen kann man heutzutage zwecks "Akademisierung" des Textes auch deutlich einfacher nach Synonymen o.ä. suchen.
Vom 19. bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts war das Abitur und somit der Zugang zum Studium nur einer (relativ) kleinen Klientel aus dem Bildungsbürgertum eröffnet. Neben dem Studium der Rechtswissenschaften wurde nicht selten zusätzlich ebenfalls bspw. Philosophie, (Kunst-)Geschichte, Weltliteratur oder Germanistik studiert. Die deutsche Sprache und das Selbstverständnis des deutschen Bildungsbürgertums war eine andere als die heutige.
Ich könnte mir jedenfalls vorstellen, dass durch diese "Richtergenerationen" eine wesentliche Grundlage für die sprachliche Virtuosität heutiger Urteile gelegt wurde. Der Fundus von Urteilen bei openJur/Beck/Juris ist jedenfalls riesig, sodass man sich als Referendar/Berufseinsteiger o.ä. gut "bedienen/inspirieren" kann. Im Übrigen kann man heutzutage zwecks "Akademisierung" des Textes auch deutlich einfacher nach Synonymen o.ä. suchen.
18.04.2025, 13:15
Ein Besucher kommt in eine psychiatrische Klinik und wundert sich, dass die Patienten immer wieder nur Zahlen rufen – „25!“, „38!“, „12!“ – und dann laut lachen.
Verwundert fragt er einen Pfleger:
„Warum lachen die denn, wenn jemand einfach nur eine Zahl sagt?“
Der Pfleger antwortet:
„Die Patienten sind schon so lange hier, dass sie alle Witze auswendig kennen. Damit’s schneller geht, haben sie den Witzen einfach Nummern gegeben.“
So ist es auch bei Juristen.
Verwundert fragt er einen Pfleger:
„Warum lachen die denn, wenn jemand einfach nur eine Zahl sagt?“
Der Pfleger antwortet:
„Die Patienten sind schon so lange hier, dass sie alle Witze auswendig kennen. Damit’s schneller geht, haben sie den Witzen einfach Nummern gegeben.“
So ist es auch bei Juristen.
18.04.2025, 15:04
(18.04.2025, 13:15)guga schrieb: Ein Besucher kommt in eine psychiatrische Klinik und wundert sich, dass die Patienten immer wieder nur Zahlen rufen – „25!“, „38!“, „12!“ – und dann laut lachen.
Verwundert fragt er einen Pfleger:
„Warum lachen die denn, wenn jemand einfach nur eine Zahl sagt?“
Der Pfleger antwortet:
„Die Patienten sind schon so lange hier, dass sie alle Witze auswendig kennen. Damit’s schneller geht, haben sie den Witzen einfach Nummern gegeben.“
So ist es auch bei Juristen.


18.04.2025, 20:54
(18.04.2025, 13:15)guga schrieb: Ein Besucher kommt in eine psychiatrische Klinik und wundert sich, dass die Patienten immer wieder nur Zahlen rufen – „25!“, „38!“, „12!“ – und dann laut lachen.
Verwundert fragt er einen Pfleger:
„Warum lachen die denn, wenn jemand einfach nur eine Zahl sagt?“
Der Pfleger antwortet:
„Die Patienten sind schon so lange hier, dass sie alle Witze auswendig kennen. Damit’s schneller geht, haben sie den Witzen einfach Nummern gegeben.“
So ist es auch bei Juristen.
Ruft der Besucher "21!" - niemand lacht.
Sagt der Pfleger: "Man muss ihn natürlich auch erzählen können!"
21.04.2025, 18:42
(18.04.2025, 20:54)Praktiker schrieb:*Lach(18.04.2025, 13:15)guga schrieb: Ein Besucher kommt in eine psychiatrische Klinik und wundert sich, dass die Patienten immer wieder nur Zahlen rufen – „25!“, „38!“, „12!“ – und dann laut lachen.
Verwundert fragt er einen Pfleger:
„Warum lachen die denn, wenn jemand einfach nur eine Zahl sagt?“
Der Pfleger antwortet:
„Die Patienten sind schon so lange hier, dass sie alle Witze auswendig kennen. Damit’s schneller geht, haben sie den Witzen einfach Nummern gegeben.“
So ist es auch bei Juristen.
Ruft der Besucher "21!" - niemand lacht.
Sagt der Pfleger: "Man muss ihn natürlich auch erzählen können!"