01.10.2020, 14:04
Man hat halt mehr Zeit pro Akte.
70 Stunden/Woche ist aber total absurd. Bei einem freien Tag und 45 Minuten Pause am Tag wären das über 12,5h im Gericht am Tag. Wenn man um 8 kommt - was meiner Erfahrung nach bei weitem nicht alle Richtern tun - wäre man trotzdem erst um kurz vor 9 fertig. Und zwar auch Samstags, wenn wir mal einen freien Tag pro Woche rechnen. Das kann mir doch keiner erzählen. Vielleicht mal 3 Wochen, weil man noch 3 Stunden Lehrbücher am Tag wälzt, um zu checken, um was es geht. Oder wenn man ein Dezernat mit 200 Verfahren übernimmt und dann den Ehrgeiz entwickelt, die alle abzuarbeiten.
Bin selbst kein Richter, aber von den 2 in meinem Freundeskreis hat einer noch nie (!) am Wochenende was gemacht (in ca 5 Jahren), die andere (im Examen wesentlich schlechtere) arbeitet (im ersten Jahr) Samstags oft, hat aber auch einen sehr undankbaren Dezernatszuschnitt.
70 Stunden/Woche ist aber total absurd. Bei einem freien Tag und 45 Minuten Pause am Tag wären das über 12,5h im Gericht am Tag. Wenn man um 8 kommt - was meiner Erfahrung nach bei weitem nicht alle Richtern tun - wäre man trotzdem erst um kurz vor 9 fertig. Und zwar auch Samstags, wenn wir mal einen freien Tag pro Woche rechnen. Das kann mir doch keiner erzählen. Vielleicht mal 3 Wochen, weil man noch 3 Stunden Lehrbücher am Tag wälzt, um zu checken, um was es geht. Oder wenn man ein Dezernat mit 200 Verfahren übernimmt und dann den Ehrgeiz entwickelt, die alle abzuarbeiten.
Bin selbst kein Richter, aber von den 2 in meinem Freundeskreis hat einer noch nie (!) am Wochenende was gemacht (in ca 5 Jahren), die andere (im Examen wesentlich schlechtere) arbeitet (im ersten Jahr) Samstags oft, hat aber auch einen sehr undankbaren Dezernatszuschnitt.
01.10.2020, 15:56
(01.10.2020, 13:33)Gast schrieb:Nee, da sitzen in der Regel hochqualifizierte Juristen, die sich aber nun wirklich nicht stressen und für die Zeit keine allzu große Rolle spielt.(01.10.2020, 11:58)Gast schrieb:(01.10.2020, 06:32)Gast schrieb:Natürlich nicht. Wenn jede neue Klage auf der Eingangsverfügung erstmal ne Wiedervorlage von sechs Monaten bekommt, entspannt das das richterliche Leben natürlich ungemein :)(30.09.2020, 23:45)Gast schrieb:(30.09.2020, 23:21)Gast schrieb: Gibt es hier auch Richter, die klar kommen?
Das hört sich ja wirklich alles schrecklich an.
Am VG
Jo, bin am VG und kann nichts von dem oben Gesagten bestätigen.
Also sind am VG nur Faulenzer, die alles ewig aufschieben?
01.10.2020, 17:57
(30.09.2020, 09:36)Gast schrieb: Ich war auch Proberichterin, bin dann aber in die Anwaltschaft gewechselt. Ich bekam zwar insgesamt positives Feedback, allerdings waren meine Arbeitszeiten wie von dir geschildert bei regelmäßig 60h+ in der Woche. Durch meinen neuen Job bin ich meist rund 45h in der Woche beschäftigt, mache wochenends fast nie etwas, verdiene sogar etwas besser und fühle mich einfach besser. In den 45h in der Woche arbeite ich wirklich an Lösungen, die nicht auf bloßes "Wegschaffen" (im Sinne von Erledigen) hinauslaufen. Der Schritt weg vom Richteramt ist nicht leicht, weil man Bedenken bezüglich Sicherheit, Vorsorge usw. hat. Wenn man es sich vorher vernünftig durchrechnet, einen guten Arbeitgeber ausgemacht hat und bei diesem einsteigen kann, lösen sich die Bedenken aber in Luft auf. Ich fühle mich erst seit ich Anwältin bin so richtig im Berufsleben "angekommen". Davor fühlte sich der Richterdienst wie eine ewig weiterlaufende Berufsvorbereitung an, obwohl ich ja quasi genau die gleichen Sachen wie meine Kollegen gemacht habe, d.h. eigentlich keine (gefühlte) "Vorbereitung" in diesem Sinne mehr hätte haben dürfen.
Insgesamt bleibt mir nur zu sagen: Kopf hoch und dem Herzen folgen. Das Richteramt hat klare Vorteile, aber die findet man auch woanders (bei mir sogar besser). Ich kann endlich wieder richtig "atmen", meine Freizeit genießen und fühle mich mit meiner Tätigkeit gut. Fühle in dich rein und frage dich, ob das, was du tust, wirklich das ist, was du möchtest. Falls nein, kann ich dich nur ermuntern, dich anderweitig umzuschauen. Ich bereue nichts und kann es nur empfehlen!
Dir alles Gute! :)
Darf man fragen, wo du warst (BL, AG oder LG) und wie lange du dich durchgekämpft hast?
01.10.2020, 18:37
ich bin selber Proberichter in NRW und wurde zunächst am LG in Zivilsachen eingesetzt. Ich kann bestätigen, dass die ersten 5 Monate ziemlich anstrengend sind. In den ersten beiden Monaten arbeitet man sich ein und macht bereits erste Sitzungen. In den Monaten drei bis fünf hat man meistens einen vollen Sitzungskalender, Kammersachen und Einzelrichtersachen je nach Dezernatszuschnitt, die man selber noch nicht terminiert hat, weil der / dir Vorgängerin macht. Diese Sachen sind dergestalt sehr arbeitsaufwändig, da man diese meist erstmals in der Terminsvorbereitung auf den Tisch bekommt und versuchen muss nachzuvollziehen, warum (vom Vorgänger/in) Zeugen geladen oder eben nicht geladen wurden etc. pp.
Das wird besser. Schon allein deswegen, weil nach rund 6 Monaten meistens der Zeitraum beginnt, in dem Sachen terminiert sind, bei denen man selber terminiert hat und die Akte daher vor der Verhandlung schon einmal mindestens überflogen, wenn nicht sogar gelesen hat. Entsprechendes gilt für Kammersachen, da (zumindest hier) bei der Terminsvorbereitung auf ein selbstgeschriebenes Vorvotum zurückgegriffen werden kann.
Ergänzend kommt hinzu, dass man durch die alltägliche Erfahrung schneller und sicherer wird. Das wird sich auch in den Einzelrichtersitzungen auswirken, man bereitet sich etwas weniger vor als bei den ersten Sitzungen und bekommt eine gewisse Souveränität, kennt die Akten und teilweise die Anwälte. Nach knapp 9 Monaten dürfte man nochmal eine Verbesserung spüren, weil nahezu ausschießlich selbst terminierte Akten dran sind. Ausnahmen wie zB Jahrelange Gürteltiere mit mehr als 10 Vorgängern (ich hatte zwei Verfahren aus 2011, hier bleibt ein Proberichter 6 bis 10 Monate auf der ersten Verwendung), sind sicherlich schwierig in der (sachgerechten und zügigen) Bearbeitung.
Es wird alles besser. Und wenn man dann wirklich effektiv ist, die Akten kennt, die Dezernatsarbeit in vielen Punkten läuft, Sachverständige bekannt sind, Terminierung läuft, ja dann.... wechselt man die Verwendung und beginnt was ganz neues wieder von vorne. Alte, vom Vorgänger terminierte Akte und alles neu.... Leider
Dazu kommt, dass natürlich einiges von den Kammermitgliedern und dem Spezialgebiet abhängt (massenhaft Versicherungswiderrufe / Bausparverträge oä) sind was anders als entsprechende Bau, Steuer, Anwaltshaftung der Insolvenzsachen. Daher kann man das nicht einfach pauschalisieren, aber die allermeisten meiner Kolleginnen und Kollegen haben nach 6 bis 9 Monaten eine spürbare Entlastung vermeldet. Dennoch ist die Arbeitsbelastung konstant hoch und Personalverwaltung ist Mangelverwaltung, da braucht man sich nichts vorzumachen
Das wird besser. Schon allein deswegen, weil nach rund 6 Monaten meistens der Zeitraum beginnt, in dem Sachen terminiert sind, bei denen man selber terminiert hat und die Akte daher vor der Verhandlung schon einmal mindestens überflogen, wenn nicht sogar gelesen hat. Entsprechendes gilt für Kammersachen, da (zumindest hier) bei der Terminsvorbereitung auf ein selbstgeschriebenes Vorvotum zurückgegriffen werden kann.
Ergänzend kommt hinzu, dass man durch die alltägliche Erfahrung schneller und sicherer wird. Das wird sich auch in den Einzelrichtersitzungen auswirken, man bereitet sich etwas weniger vor als bei den ersten Sitzungen und bekommt eine gewisse Souveränität, kennt die Akten und teilweise die Anwälte. Nach knapp 9 Monaten dürfte man nochmal eine Verbesserung spüren, weil nahezu ausschießlich selbst terminierte Akten dran sind. Ausnahmen wie zB Jahrelange Gürteltiere mit mehr als 10 Vorgängern (ich hatte zwei Verfahren aus 2011, hier bleibt ein Proberichter 6 bis 10 Monate auf der ersten Verwendung), sind sicherlich schwierig in der (sachgerechten und zügigen) Bearbeitung.
Es wird alles besser. Und wenn man dann wirklich effektiv ist, die Akten kennt, die Dezernatsarbeit in vielen Punkten läuft, Sachverständige bekannt sind, Terminierung läuft, ja dann.... wechselt man die Verwendung und beginnt was ganz neues wieder von vorne. Alte, vom Vorgänger terminierte Akte und alles neu.... Leider
Dazu kommt, dass natürlich einiges von den Kammermitgliedern und dem Spezialgebiet abhängt (massenhaft Versicherungswiderrufe / Bausparverträge oä) sind was anders als entsprechende Bau, Steuer, Anwaltshaftung der Insolvenzsachen. Daher kann man das nicht einfach pauschalisieren, aber die allermeisten meiner Kolleginnen und Kollegen haben nach 6 bis 9 Monaten eine spürbare Entlastung vermeldet. Dennoch ist die Arbeitsbelastung konstant hoch und Personalverwaltung ist Mangelverwaltung, da braucht man sich nichts vorzumachen
01.10.2020, 18:43
(01.10.2020, 18:37)Proberichter NRW schrieb: ich bin selber Proberichter in NRW und wurde zunächst am LG in Zivilsachen eingesetzt. Ich kann bestätigen, dass die ersten 5 Monate ziemlich anstrengend sind. In den ersten beiden Monaten arbeitet man sich ein und macht bereits erste Sitzungen. In den Monaten drei bis fünf hat man meistens einen vollen Sitzungskalender, Kammersachen und Einzelrichtersachen je nach Dezernatszuschnitt, die man selber noch nicht terminiert hat, weil der / dir Vorgängerin macht. Diese Sachen sind dergestalt sehr arbeitsaufwändig, da man diese meist erstmals in der Terminsvorbereitung auf den Tisch bekommt und versuchen muss nachzuvollziehen, warum (vom Vorgänger/in) Zeugen geladen oder eben nicht geladen wurden etc. pp.
Das wird besser. Schon allein deswegen, weil nach rund 6 Monaten meistens der Zeitraum beginnt, in dem Sachen terminiert sind, bei denen man selber terminiert hat und die Akte daher vor der Verhandlung schon einmal mindestens überflogen, wenn nicht sogar gelesen hat. Entsprechendes gilt für Kammersachen, da (zumindest hier) bei der Terminsvorbereitung auf ein selbstgeschriebenes Vorvotum zurückgegriffen werden kann.
Ergänzend kommt hinzu, dass man durch die alltägliche Erfahrung schneller und sicherer wird. Das wird sich auch in den Einzelrichtersitzungen auswirken, man bereitet sich etwas weniger vor als bei den ersten Sitzungen und bekommt eine gewisse Souveränität, kennt die Akten und teilweise die Anwälte. Nach knapp 9 Monaten dürfte man nochmal eine Verbesserung spüren, weil nahezu ausschießlich selbst terminierte Akten dran sind. Ausnahmen wie zB Jahrelange Gürteltiere mit mehr als 10 Vorgängern (ich hatte zwei Verfahren aus 2011, hier bleibt ein Proberichter 6 bis 10 Monate auf der ersten Verwendung), sind sicherlich schwierig in der (sachgerechten und zügigen) Bearbeitung.
Es wird alles besser. Und wenn man dann wirklich effektiv ist, die Akten kennt, die Dezernatsarbeit in vielen Punkten läuft, Sachverständige bekannt sind, Terminierung läuft, ja dann.... wechselt man die Verwendung und beginnt was ganz neues wieder von vorne. Alte, vom Vorgänger terminierte Akte und alles neu.... Leider
Dazu kommt, dass natürlich einiges von den Kammermitgliedern und dem Spezialgebiet abhängt (massenhaft Versicherungswiderrufe / Bausparverträge oä) sind was anders als entsprechende Bau, Steuer, Anwaltshaftung der Insolvenzsachen. Daher kann man das nicht einfach pauschalisieren, aber die allermeisten meiner Kolleginnen und Kollegen haben nach 6 bis 9 Monaten eine spürbare Entlastung vermeldet. Dennoch ist die Arbeitsbelastung konstant hoch und Personalverwaltung ist Mangelverwaltung, da braucht man sich nichts vorzumachen
ergänzend kommt hinzu, dass man die verwendete Software erst kennenlernen muss und nach und nach den Umgang optimiert. Dazu kommt, dass gerade in der Zeit des dritten bis fünften Monats die Vielzahl von (unbekannten) Verhandlugnsakten zusammenfällt mit den Fristen der Urteilsabsetzung aus dem zweiten Monat.
Aber: Mit der Erfahrung (Routine ist ein schlechtes Wort da es für die Parteien oft um viel geht) pendelt sich die Belastung meist noch ein.