18.10.2021, 17:05
Hallo zusammen,
ich werde nächste Woche das erste mal die Sitzungsvertretung übernehmen und bin mir mit einigen Sachen noch unsicher.
Wenn der Zeuge nicht kommt, beantrage ich ja ein Ordnungsgeld und ersatzweise Ordnunghaft. Wann stelle ich diesen Antrag - also zu welchem Zeitpunkt? Im Plädoyer ja nicht, sondern dann wenn der Zeuge reingerufen wird und er nicht erschienen ist?
Beim Angeklagten dasselbe, wann ist da der richtige Zeitpunkt?
Viele Grüße :)
ich werde nächste Woche das erste mal die Sitzungsvertretung übernehmen und bin mir mit einigen Sachen noch unsicher.
Wenn der Zeuge nicht kommt, beantrage ich ja ein Ordnungsgeld und ersatzweise Ordnunghaft. Wann stelle ich diesen Antrag - also zu welchem Zeitpunkt? Im Plädoyer ja nicht, sondern dann wenn der Zeuge reingerufen wird und er nicht erschienen ist?
Beim Angeklagten dasselbe, wann ist da der richtige Zeitpunkt?
Viele Grüße :)
18.10.2021, 19:25
Beim Angeklagten "sofort" (bzw. nach 15 Minuten Wartezeit), wenn er bei Aufruf der Sache nicht erschienen ist. Dann hast du die Wahl zwischen polizeilicher Vorführung und Haftbefehl. De facto solltest du vom Haftbefehl die Finger lassen. Der Richter wird dann schon wissen, was zu tun ist. Er wird sofort den neuen Termin und die polizeiliche Vorführung diktieren und dabei dein stillschweigendes Einverständnis voraussetzen, allenfalls noch kurz fragend zu dir gucken und auf dein Nicken warten. Es ist hier nur das Standardprogramm, das abgespielt wird und das an jedem Verhandlungstag 1 Mal vorkommt. Der hat da Routine drin und wartet nicht auf deinen feierlich verkündeten Antrag.
Ordnungsgeld oder Ordnungshaft gegen den Angeklagten nicht.
Bei Zeugen schon. Aber...
Das ist das Problem des Gerichts. Mit hast du nichts zu tun. Du musst keine Anträge stellen. Einzige Ausnahme: Gehen wir davon aus, dass dieser Zeuge deiner Meinung nach unbedingt gebraucht wird. Aber das Gericht zu verstehen gibt, dass es ohne diesen Zeugen ein Urteil verkünden will. Dann solltest du Beweisantrag auf Vernehmung dieses Zeugen stellen. Dann muss das Gericht sich darum kümmern, wie man diesen Zeugen heranholen kann. De facto wird aber auch das eher nicht vorkommen. Der Richter kann schon abschätzen, welche Zeugen gebraucht werden und welche nicht. Sollte man meinen...
Abgesehen davon dürften Ordnungsmittel gegen Zeugen meistens daran scheitern, dass die nur per normalem Brief geladen wurden und dieser "verschwunden" ist, also nie bei den Zeugen angekommen ist. Beziehungsweise man ihnen das nicht nachweisen kann.
Vor allem.
Kein Stress. Für dich kann dort gar nichts schiefgehen.
Ordnungsgeld oder Ordnungshaft gegen den Angeklagten nicht.
Bei Zeugen schon. Aber...
Das ist das Problem des Gerichts. Mit hast du nichts zu tun. Du musst keine Anträge stellen. Einzige Ausnahme: Gehen wir davon aus, dass dieser Zeuge deiner Meinung nach unbedingt gebraucht wird. Aber das Gericht zu verstehen gibt, dass es ohne diesen Zeugen ein Urteil verkünden will. Dann solltest du Beweisantrag auf Vernehmung dieses Zeugen stellen. Dann muss das Gericht sich darum kümmern, wie man diesen Zeugen heranholen kann. De facto wird aber auch das eher nicht vorkommen. Der Richter kann schon abschätzen, welche Zeugen gebraucht werden und welche nicht. Sollte man meinen...
Abgesehen davon dürften Ordnungsmittel gegen Zeugen meistens daran scheitern, dass die nur per normalem Brief geladen wurden und dieser "verschwunden" ist, also nie bei den Zeugen angekommen ist. Beziehungsweise man ihnen das nicht nachweisen kann.
Vor allem.
Kein Stress. Für dich kann dort gar nichts schiefgehen.
18.10.2021, 20:57
Und denke daran: Besser alles vorher mit dem Ausbilder abklären und durchsprechen. Und wenn du dir in der Sitzung unsicher sein solltest, dann notfalls eine Pause einlegen lassen und deinen Ausbilder (oder den Bearbeiter der Akte) anrufen.
18.10.2021, 21:04
(18.10.2021, 20:57)Gast schrieb: Und denke daran: Besser alles vorher mit dem Ausbilder abklären und durchsprechen. Und wenn du dir in der Sitzung unsicher sein solltest, dann notfalls eine Pause einlegen lassen und deinen Ausbilder (oder den Bearbeiter der Akte) anrufen.
Scheint sehr bundeslandabhängig zu sein, bei uns wurde da gar nichts besprochen.
18.10.2021, 21:39
Bei "uns" (eigentlich kann ich nur für mich sprechen) sehr intensive Besprechung, sodass ich auf alle Eventualitäten vorbereitet war.
Aber selbst wenn nicht: Als Referendar kann man fast nichts falsch machen. Der Richter führt das Verfahren und entscheidet (fast) völlig unabhängig von der Staatsanwaltschaft. Selbst wenn man als Referendar völligen Unsinn erklärt und beantragt: Wen juckt es?
Einfach keiner Einstellung zustimmen und keinen Rechtsmittelverzicht erklären. Alle anderen Fehler gehen auf die Kappe des Richters oder bleiben völlig irrelevant.
Aber selbst wenn nicht: Als Referendar kann man fast nichts falsch machen. Der Richter führt das Verfahren und entscheidet (fast) völlig unabhängig von der Staatsanwaltschaft. Selbst wenn man als Referendar völligen Unsinn erklärt und beantragt: Wen juckt es?
Einfach keiner Einstellung zustimmen und keinen Rechtsmittelverzicht erklären. Alle anderen Fehler gehen auf die Kappe des Richters oder bleiben völlig irrelevant.
19.10.2021, 14:50
super danke Dir für deine Antwort. Bin schon etwas aufgeregt, aber spreche mit meiner Ausbilderin die Woche dann die Akten auch nochmal hoffentlich so ausfürhlich durch :D