18.04.2025, 23:16
Hallo zusammen,
ich habe folgendes Problem: Versicherungsrecht, Beweiswürdigung und ich verzweifel dran, weil ich irgendetwas nicht kapiere / falsch verstanden habe. Ich bin noch ganz am Anfang vom Ref und werd auch aus dem Anders Gehle und dem VVG-Kommentar dazu nicht schlauer
Es geht im Kern um die "unbenannte Gefahr" im Fall einer Versicherung - Dort trägt der VN die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Schaden unvorhersehbar und unabwendbar war.
Der Schaden an sich liegt unstrittig vor.
Streitig ist, ob das Ereignis ein versichertes Ereignis ist. Einige Ereignisse sind ausdrücklich versichert. Einige Ereignisse sind ausdrücklich ausgeschlossen. Unbenannte Gefahren sind ebenfalls versichert.
Die Klägerin tritt Beweis an, dass ihre Behauptung, ihre Schilderung der Entstehung eines Schadens plausibel und kein unbekanntes Phänomen sei. Wäre die Behauptung wahr, läge ein ausdrücklich versicherter Fall vor.
Laut SV-Gutachten ist dies mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht der Fall. (Behauptung der Klägerin sei technisch unmöglich)
Damit ist das Beweismittel doch negativ ergiebig? Dh. der Beweis nicht erbracht.
Mein Problem ist jetzt:
Der einzig mögliche ausdrücklich versicherten Fall liegt damit nicht vor.
Alle ausdrücklich ausgeschlossenen Fälle liegen auch nicht vor.
Einzig denkbar plausible Erklärung bleibt die unbekannte Gefahr. Denn im Sinn einer Allgefahrklausel ist unbenannte Gefahr jeder nicht ausdrücklich ausgeschlossene oder anderweitig versicherte Fall, der nicht vorhersehbar war.
Dazu müsste die Klägerin den Beweis antreten, dass der Schaden unvorhersehbar und unabwendbar war.
"Entscheidend für die Vorhersehbarkeit ist allein, dass die Möglichkeit eines Schadenseintritts in seinen wesentlichen Komponenten erkannt wurde." - Es muss also zur Unvorhersehbarkeit nicht bewiesen werden, dass jede/eine Möglichkeit erkannt wurde, sondern pauschal das keine Möglichkeit erkannt wurde.
"Der Versicherer trägt aber jedenfalls die Substanziierungslast für das Fehlen eines Merkmals der – vom Versicherungsnehmer zunächst nur pauschal vorzutragenden – Unvorhersehbarkeit, weil es sich dabei um eine negative Tatsache handelt ( OLG Saarbrücken: Eintritt des Versicherungsfalls der „unbenannten Gefahren“(NJW-RR 2022, 1483 Rn. 20) Prölss/Martin/Voit AMB A. § 2 Nr. 1 Rn. 8; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schepers, Versicherungsrechts-HdB, 3. Aufl., § 35 Rn. 172)"
Dazu hat die Klägerin nicht ausdrücklich vorgetragen. Auch Beweis hat die Klägerin (lt. Akte) nicht ausdrücklich angetreten.
Die Versicherung hat allerdings auch nicht ausdrücklich substantiiert dazu vorgetragen.
Die Akte ist entscheidungsreif.
Denklogisch wurde doch aber mit dem, hinsichtlich des versichterten Falls, negativ ergiebigen Beweismittel für den versicherten Fall zugleich im Umkehrschluss auch der positiv ergiebige Beweis erbracht, dass die unbenannte Gefahr vorliegt?
Indem die Klägerin gerade bewiesen wollte, dass ihre Aussage plausibel ist, also der ausdrücklich geregelter Versicherungsfall vorliegt, ist denklogisch doch gerade bewiesen, dass die Klägerin die Möglichkeit des konkreten Schadenseintritts in seinen wesentlichen Komponenten gerade nicht erkannt hat?
Das der Beweis über ihre behauptete Tatsache nicht erbracht wurde (sondern sogar das exakte Gegenteil dessen) ist beweist doch umgekehrt denklogisch, dass sie den Schaden nicht vorhersehen konnte. Was sie beweisen wollte, musste sie vorhersehen, das Gegenteil hat sie (denklogisch) nicht vorhergesehen.
Versteht mich jemand und kann mir helfen? Ich komm mir unsäglich blöd vor und kann/darf meinen Ausbilder nicht dazu fragen. Hab das Gefühl ich habe irgendetwas grundliegendes nicht oder völlig falsch verstanden.
Ganz streng nach Lehrbuch würde doch folgendes gelten:
Ausdrücklich geregelter Versicherungsfall: nicht bewiesen. - negativ Ergiebig
Unbenannte Gefahr: nicht ausdrücklich (nur konkludent) dargelegt, kein ausdrücklicher Beweisantritt (ergibt sich nur konkludent, Kl. beruft sich irgendwo im Schriftsatz darauf, dass unbenannte Gefahren ja lt. Versicherungsbedingung mitversichert seien, tritt nirgendwo ausdrücklich den Beweis der unbenannten Gefahr an)
Damit Entscheidung nach Darlegungs- und Beweislast.
Beweislast bei Kläger, nicht ausdrücklich angetreten, Beweisfällig geblieben.
Damit i.Erg. unbegründet.
Das widerspricht aber zutiefst meinem Gerechtigkeitsempfinden, da meiner Ansicht nach mit dem Beweis zugleich denklogisch positiv bewiesen wurde, dass sie Klägerin es nicht vorhersehen konnte.
Nachklapp: "Es entspricht einem allgemeinen Grundsatz, dass sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zu Tage tretenden Umstände jedenfalls hilfsweise zu Eigen macht, soweit sie ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind. Das Gericht hat auch diesen Vortrag der Partei bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen." BGH NJW 2001, 2177
Das Vorbringen der Klägerin hinsichtlich der unbenannten Gefahr beschränkt sich über die gesamte Akte darauf, dass ein Mal (!) erwähnt wird, diese sei mit versichert. Sonst wird sich ausführlich über die anderen versichterten Fälle ausgelassen. Die Beklagte geht auf diese unbenannte Gefahr gar nicht ein. Der Klägervertreter weist nur wiederholt darauf hin, dass das Gericht schon hinzuweisen habe, wenn ihm etwas nicht reicht. (Ja lol, soll der Richter doch deine Arbeit machen, oder wie?)
Im Hinweisbeschluss wird ausdrücklich erwähnt, dass die Klägerin u.U. einen solchen Anspruch hat, und dass die wesentlich vom Ergebnis der im gleichen Zuge beschlossenen Beweisaufnahme abhängt.
Der bei der Beweisaufnahme zu Tage tretende Umstand wäre ja hier, dass die Klägerin es nicht vorhersehen konnte.
Dann hätte die Beklagte substantiiert vortragen müssen, warum dies nicht der Fall ist - was sie nicht getan hat.
ich habe folgendes Problem: Versicherungsrecht, Beweiswürdigung und ich verzweifel dran, weil ich irgendetwas nicht kapiere / falsch verstanden habe. Ich bin noch ganz am Anfang vom Ref und werd auch aus dem Anders Gehle und dem VVG-Kommentar dazu nicht schlauer
Es geht im Kern um die "unbenannte Gefahr" im Fall einer Versicherung - Dort trägt der VN die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Schaden unvorhersehbar und unabwendbar war.
Der Schaden an sich liegt unstrittig vor.
Streitig ist, ob das Ereignis ein versichertes Ereignis ist. Einige Ereignisse sind ausdrücklich versichert. Einige Ereignisse sind ausdrücklich ausgeschlossen. Unbenannte Gefahren sind ebenfalls versichert.
Die Klägerin tritt Beweis an, dass ihre Behauptung, ihre Schilderung der Entstehung eines Schadens plausibel und kein unbekanntes Phänomen sei. Wäre die Behauptung wahr, läge ein ausdrücklich versicherter Fall vor.
Laut SV-Gutachten ist dies mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht der Fall. (Behauptung der Klägerin sei technisch unmöglich)
Damit ist das Beweismittel doch negativ ergiebig? Dh. der Beweis nicht erbracht.
Mein Problem ist jetzt:
Der einzig mögliche ausdrücklich versicherten Fall liegt damit nicht vor.
Alle ausdrücklich ausgeschlossenen Fälle liegen auch nicht vor.
Einzig denkbar plausible Erklärung bleibt die unbekannte Gefahr. Denn im Sinn einer Allgefahrklausel ist unbenannte Gefahr jeder nicht ausdrücklich ausgeschlossene oder anderweitig versicherte Fall, der nicht vorhersehbar war.
Dazu müsste die Klägerin den Beweis antreten, dass der Schaden unvorhersehbar und unabwendbar war.
"Entscheidend für die Vorhersehbarkeit ist allein, dass die Möglichkeit eines Schadenseintritts in seinen wesentlichen Komponenten erkannt wurde." - Es muss also zur Unvorhersehbarkeit nicht bewiesen werden, dass jede/eine Möglichkeit erkannt wurde, sondern pauschal das keine Möglichkeit erkannt wurde.
"Der Versicherer trägt aber jedenfalls die Substanziierungslast für das Fehlen eines Merkmals der – vom Versicherungsnehmer zunächst nur pauschal vorzutragenden – Unvorhersehbarkeit, weil es sich dabei um eine negative Tatsache handelt ( OLG Saarbrücken: Eintritt des Versicherungsfalls der „unbenannten Gefahren“(NJW-RR 2022, 1483 Rn. 20) Prölss/Martin/Voit AMB A. § 2 Nr. 1 Rn. 8; Beckmann/Matusche-Beckmann/Schepers, Versicherungsrechts-HdB, 3. Aufl., § 35 Rn. 172)"
Dazu hat die Klägerin nicht ausdrücklich vorgetragen. Auch Beweis hat die Klägerin (lt. Akte) nicht ausdrücklich angetreten.
Die Versicherung hat allerdings auch nicht ausdrücklich substantiiert dazu vorgetragen.
Die Akte ist entscheidungsreif.
Denklogisch wurde doch aber mit dem, hinsichtlich des versichterten Falls, negativ ergiebigen Beweismittel für den versicherten Fall zugleich im Umkehrschluss auch der positiv ergiebige Beweis erbracht, dass die unbenannte Gefahr vorliegt?
Indem die Klägerin gerade bewiesen wollte, dass ihre Aussage plausibel ist, also der ausdrücklich geregelter Versicherungsfall vorliegt, ist denklogisch doch gerade bewiesen, dass die Klägerin die Möglichkeit des konkreten Schadenseintritts in seinen wesentlichen Komponenten gerade nicht erkannt hat?
Das der Beweis über ihre behauptete Tatsache nicht erbracht wurde (sondern sogar das exakte Gegenteil dessen) ist beweist doch umgekehrt denklogisch, dass sie den Schaden nicht vorhersehen konnte. Was sie beweisen wollte, musste sie vorhersehen, das Gegenteil hat sie (denklogisch) nicht vorhergesehen.
Versteht mich jemand und kann mir helfen? Ich komm mir unsäglich blöd vor und kann/darf meinen Ausbilder nicht dazu fragen. Hab das Gefühl ich habe irgendetwas grundliegendes nicht oder völlig falsch verstanden.
Ganz streng nach Lehrbuch würde doch folgendes gelten:
Ausdrücklich geregelter Versicherungsfall: nicht bewiesen. - negativ Ergiebig
Unbenannte Gefahr: nicht ausdrücklich (nur konkludent) dargelegt, kein ausdrücklicher Beweisantritt (ergibt sich nur konkludent, Kl. beruft sich irgendwo im Schriftsatz darauf, dass unbenannte Gefahren ja lt. Versicherungsbedingung mitversichert seien, tritt nirgendwo ausdrücklich den Beweis der unbenannten Gefahr an)
Damit Entscheidung nach Darlegungs- und Beweislast.
Beweislast bei Kläger, nicht ausdrücklich angetreten, Beweisfällig geblieben.
Damit i.Erg. unbegründet.
Das widerspricht aber zutiefst meinem Gerechtigkeitsempfinden, da meiner Ansicht nach mit dem Beweis zugleich denklogisch positiv bewiesen wurde, dass sie Klägerin es nicht vorhersehen konnte.
Nachklapp: "Es entspricht einem allgemeinen Grundsatz, dass sich eine Partei die bei einer Beweisaufnahme zu Tage tretenden Umstände jedenfalls hilfsweise zu Eigen macht, soweit sie ihre Rechtsposition zu stützen geeignet sind. Das Gericht hat auch diesen Vortrag der Partei bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen." BGH NJW 2001, 2177
Das Vorbringen der Klägerin hinsichtlich der unbenannten Gefahr beschränkt sich über die gesamte Akte darauf, dass ein Mal (!) erwähnt wird, diese sei mit versichert. Sonst wird sich ausführlich über die anderen versichterten Fälle ausgelassen. Die Beklagte geht auf diese unbenannte Gefahr gar nicht ein. Der Klägervertreter weist nur wiederholt darauf hin, dass das Gericht schon hinzuweisen habe, wenn ihm etwas nicht reicht. (Ja lol, soll der Richter doch deine Arbeit machen, oder wie?)
Im Hinweisbeschluss wird ausdrücklich erwähnt, dass die Klägerin u.U. einen solchen Anspruch hat, und dass die wesentlich vom Ergebnis der im gleichen Zuge beschlossenen Beweisaufnahme abhängt.
Der bei der Beweisaufnahme zu Tage tretende Umstand wäre ja hier, dass die Klägerin es nicht vorhersehen konnte.
Dann hätte die Beklagte substantiiert vortragen müssen, warum dies nicht der Fall ist - was sie nicht getan hat.
19.04.2025, 10:43
Nichts für Ungut, aber dein Beitrag wirkt etwas chaotisch. Wenn du das noch ein bißchen ordnest, hilft dir das wahrscheinlich auch selbst weiter.
Ohne Kenntnis der genauen Klausel und des Sachverhalts kann dir auch niemand wirklich weiterhelfen.
Für mich scheinen folgende Fragen maßgeblich:
1. Handelt es sich um einen genannten versicherten Fall? (Wohl Nein wegen Beweiswürdigung)
2. Handelt es sich um eine unbekannte Gefahr? Vertragliche Voraussetzung scheint die fehlende Vorhersehbarkeit zu sein (wovon genau?). Hierzu wurde aber nichts vorgetragen. Diese Frage hat meines Erachtens auch nichts damit zu tun, ob es ein benannter Fall ist, sondern ist eine eigene Frage. Ohne Vortrag hierzu kann man das nicht entscheiden, bzw ist die Klage eben unbegründet.
Ob ein Hinweis hierzu noch möglich/erforderlich ist, ist dann wieder eine andere Frage, die dein Ausbilder beantworten muss/beantwortet hat.
Ohne Kenntnis der genauen Klausel und des Sachverhalts kann dir auch niemand wirklich weiterhelfen.
Für mich scheinen folgende Fragen maßgeblich:
1. Handelt es sich um einen genannten versicherten Fall? (Wohl Nein wegen Beweiswürdigung)
2. Handelt es sich um eine unbekannte Gefahr? Vertragliche Voraussetzung scheint die fehlende Vorhersehbarkeit zu sein (wovon genau?). Hierzu wurde aber nichts vorgetragen. Diese Frage hat meines Erachtens auch nichts damit zu tun, ob es ein benannter Fall ist, sondern ist eine eigene Frage. Ohne Vortrag hierzu kann man das nicht entscheiden, bzw ist die Klage eben unbegründet.
Ob ein Hinweis hierzu noch möglich/erforderlich ist, ist dann wieder eine andere Frage, die dein Ausbilder beantworten muss/beantwortet hat.
19.04.2025, 16:01
Danke für deine Antwort. Ja, ich bin da ziemlich verwirrt, weil ich glaube ich auch noch Verständnisprobleme im Zusammenspiel von § 138, § 139 ZPO und § 286 ZPO habe. Ich bemühe mich redlich darum, das Verständnis zu erwerben.
Zu deinen Fragen:
1) Es handelt sich nicht um einen der ausdrücklichen versicherten Fälle.
Das steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme (SV-Gutachten) mit der erforderlichen Sicherheit (§ 286 ZPO) zur Überzeugung des Gerichts (also meiner) fest.
2) Die Klausel besagt, dass geleistet wird, wenn versicherte Sachen durch ein unvorhergesehenes Schadensereignis beschädigt werden. Unvorhergesehen sind Ereignisse die der VN weder vorhergesehen hat oder vorhersehen hätte müssen. Die Versicherung unbenannter Gefahren erfolgt auf Grundlage der AVB und umfasst keine Schäden, die nach den AVB ausdrücklich mitversichert oder ausgeschlossen sind.
Zur Klausel und deren Bedeutung und Folge - und der Wurzel meines Problems:
Die Klausel ist ja denkbar umfassend formuliert.
Die grundsätzliche Darlegungs- und Beweislast des VN für den Versicherungsfall wird nach meinem Verständnis insofern modifiziert, dass er (1.) nur noch nachweisen muss, dass sich im versicherten Zeitraum ein Schaden ereignet hat und (2.) nur pauschal darlegen muss, dass dieser unvorhersehbar (z.T. auch unabwendbar) war. Den Versicherer trifft dann die sekundäre Darlegungs- und Beweislast, nachzuweisen, dass sich eine nicht versicherte Gefahr verwirklicht hat.
Dazu ganz instruktiv das Saarländische OLG Urteil vom 29.05.2022 - 5 U 60/21:
"Die Beweislast für die Voraussetzungen der Eintrittspflicht des Versicherers trägt nach allgemeinen Grundsätzen den Versicherungsnehmer, hier also der Kläger. Dieser muss hier beweisen, dass ein Sachschaden vorliegt, der auf einer äußeren Ursache beruht; ferner dessen Unvorhersehbarkeit sowie den Eintritt des Sachschadens während der Dauer der Versicherung (allg. M.; v. Rintelen, in: Martin, a.a.O., § 8 Rn. 174, 243 ff.; Eckes/Günther, in: MünchKomm-VVG a.aO., TV Rn. 38; Voit, in: Prölss/Martin, VVG 31. Aufl., AMB A. § 2 Nr. 1 Rn. 8). Der Versicherer trägt aber jedenfalls die Substantiierungslast für das Fehlen eines Merkmals der - vom Versicherungsnehmer zunächst nur pauschal vorzutragenden - Unvorhersehbarkeit, weil es sich dabei um eine negative Tatsache handelt (vgl. OLG Karlsruhe, VersR 2003, 1124;; Voit in Prölss/Martin, a.a.O., AMB A. § 2 Nr. 1 Rn. 8; Schepers, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl., § 35 Rn. 172), und nach teilweise vertretener Ansicht - jetzt - weitergehend auch die Beweislast für die Voraussetzungen einer in den Bedingungen für diesen Fall vorgesehenen Leistungskürzung analog § 81 Abs. 2 VVG (vgl. OLG Celle, Urteil vom 13. Oktober 2016 - 8 U 21/16, juris; v. Rintelen, in: Martin, a.a.O., § 8 Rn. 245; a.A. Voit, in: Prölss/Martin, a.a.O., AMB A. § 2 Nr. 1 Rn. 8).
Der Kläger erwähnt in seiner Klageschrift zwar, dass die unbenannte Gefahr laut AVB versichert sei. Aber ausdrücklich wird nicht dargelegt, dass diese vorliegt. Auch im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung wird diese Behauptung nicht aufgestellt.
M.E. ist der Parteivortrag zum Vorliegen der unbenannten Gefahr damit unsubstantiiert. - Hier bin ich mir aber nicht sicher, ob das so passt.
Denn:
Wie konkret die Tatsachenbehauptung sein muss, hängt davon ab, was der Partei nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den Einlassungen des Gegners an Angaben möglich und zumutbar ist (BeckOK ZPO/von Selle, 56. Ed. 1.3.2025, ZPO § 138 Rn. 10, beck-online). Der Maßstab liegt also in der Subsumtionsfähigkeit des Vortrags.
Konkludent ergibt sich aus dem Vortrag schon, dass die unbenannte Gefahr vorliegt. - Sinngemäß: "Ich trage zur Gefahr die ich vorhersah vor, damit trage ich zugleich vor, andere nicht vorhergesehen zu haben. Ich wäre wegen meiner Wahrheitspflicht auch dazu verpflichtet, zu anderen Gefahren, die ich für möglich hielt, vorzutragen."
Kann das Gericht eine Tatsache nicht aufgrund eigener Sachkunde feststellen, genügt der Vortrag konkreter Anhaltspunkte, die das Vorliegen der fraglichen Tatsache als möglich erscheinen lassen. - Dieser konkrete Anhaltspunkt wurde hier denklogisch konkludent vorgetragen: Liegt der ausdrücklich versicherte Fall nicht vor, muss zwangsläufig im Umkehrschluss ein anderer vorliegen.
Nach dem vorgesagten und der wirklich niedrigen Schwelle der Darlegungslast, dass lediglich pauschal zu behaupten ist, fürchte ich die Anforderung an die Substantiierung zu überdehnen, wenn ich hier noch zusätzlichen ausdrücklichen Vortrag erwarte. (Ein eventuell nötiger Hinweis ist ein anderes Thema, ich soll die Akte ja "wie sie liegt" bearbeiten. Im Übrigen steht das Urteil meines Ausbilders bereits, sprich er hat auf weitere Hinweise verzichtet. Ich hab mich bei der Hinweisfrage schon einmal in die Nesseln gesetzt, als ich bei ähnlich gelagertem Fall zusätzlich zu dem Urteil die Anmerkung mitgeschickt habe, ob da nicht auf X hingewiesen werden müsse, da erheblich für einen der abgelehnten Ansprüche. Die Antwort kam nach dem Motto: "Ich weise nicht auf alles hin, das erheblich sein könnte, dann komme ich aus dem Hinweisen ja nicht mehr raus. Das sollten mal die Anwälte machen. Ich verbitte mir solche Anmerkungen und sie haben nicht verstanden wie das mit den Hinweisen ist." Für die Anmerkung bekam ich dann noch Punktabzug. Das hingewiesen werden müsse, hatte ich von meinem AG-Leiter...)
Im Hinweisbeschluss wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Kläger sich auf die unbenannte Gefahr berufen könnte, was vom Ergebnis der Beweisaufnahme (SV Gutachten zum vorliegen des ausdrücklich versicherten Falls) abhängt.
Der Sachverständige wurde nach dem Gutachten umfassend von dem Kläger befragt. Die Antworten - aus dem Protokoll gehen die Fragen nicht hervor - lassen darauf schließen, dass die Fragerichtung stets in die Richtung ging, ob das behauptete Ereignis plausibel war. Eine Antwort hinsichtlich einer anderen Ursache findet sich nicht. Die Frage wird auch nicht gestellt worden sein, darüber war kein Beweis zu erheben.)
Treten günstige Beweisergebnisse zu Tage, macht sich die Partei die für sie günstigen Ereignisse hilfsweise zu eigen. - Das ist ja ein recht bekannter Grundsatz, dessen Verletzung regelmäßig Revisionen begründet wegen der Verletzung von Ar.t 103 I GG.
Um jetzt diesen Wust an Erwägungen zusammenfassend zu schließen und zum konkreten Fall zurückzukehren:
Diese günstigen Beweise sind nun - im Umkehrschluss des Ergebnisses des SV Gutachten - zu Tage getreten. Der BGH scheint der Ansicht zu sein, dass man sich das schon ausdrücklich nicht zu eigen machen muss. BGH V ZR 63/13: "Dafür, dass der Bekl. sich dieses für ihn günstige Beweisergebnis nicht wenigstens hilfsweise zu eigen gemacht hat, ist nichts ersichtlich.“ Sprich, der günstige Beweis wäre zu berücksichtigen. Er wäre hier auch entscheidungerheblich, weil dann die unbenannte Gefahr vorliegt.
Nur fehlt mir das ausdrückliche pauschale Darlegen der unbenannten Gefahr als Grundlage dafür, dass dieser Beweis überhaupt erhoben werden muss.
Ich hoffe ich konnte mich so etwas verständlicher Ausdrücken?
(Oder anders gesagt: Ich bin der Auffassung, dass ohne den Hinweis, dass das Gericht die Frage für erheblich erachtet, ob eine unbenannte Gefahr vorliegt oder nicht und die Parteien dies übersehen haben das Ding einer Revision nicht standhalten wird. Ich hab daher erhebliche Probleme damit vor diesem Hintergrund zu entscheiden, dass nichts dargelegt wurde und die Klage abzuweisen ist. Nehme ich an, die Klage ist - Stand jetzt - begründet, wäre das aus dem gleichen Grund nicht haltbar.)
Zu deinen Fragen:
1) Es handelt sich nicht um einen der ausdrücklichen versicherten Fälle.
Das steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme (SV-Gutachten) mit der erforderlichen Sicherheit (§ 286 ZPO) zur Überzeugung des Gerichts (also meiner) fest.
2) Die Klausel besagt, dass geleistet wird, wenn versicherte Sachen durch ein unvorhergesehenes Schadensereignis beschädigt werden. Unvorhergesehen sind Ereignisse die der VN weder vorhergesehen hat oder vorhersehen hätte müssen. Die Versicherung unbenannter Gefahren erfolgt auf Grundlage der AVB und umfasst keine Schäden, die nach den AVB ausdrücklich mitversichert oder ausgeschlossen sind.
Zur Klausel und deren Bedeutung und Folge - und der Wurzel meines Problems:
Die Klausel ist ja denkbar umfassend formuliert.
Die grundsätzliche Darlegungs- und Beweislast des VN für den Versicherungsfall wird nach meinem Verständnis insofern modifiziert, dass er (1.) nur noch nachweisen muss, dass sich im versicherten Zeitraum ein Schaden ereignet hat und (2.) nur pauschal darlegen muss, dass dieser unvorhersehbar (z.T. auch unabwendbar) war. Den Versicherer trifft dann die sekundäre Darlegungs- und Beweislast, nachzuweisen, dass sich eine nicht versicherte Gefahr verwirklicht hat.
Dazu ganz instruktiv das Saarländische OLG Urteil vom 29.05.2022 - 5 U 60/21:
"Die Beweislast für die Voraussetzungen der Eintrittspflicht des Versicherers trägt nach allgemeinen Grundsätzen den Versicherungsnehmer, hier also der Kläger. Dieser muss hier beweisen, dass ein Sachschaden vorliegt, der auf einer äußeren Ursache beruht; ferner dessen Unvorhersehbarkeit sowie den Eintritt des Sachschadens während der Dauer der Versicherung (allg. M.; v. Rintelen, in: Martin, a.a.O., § 8 Rn. 174, 243 ff.; Eckes/Günther, in: MünchKomm-VVG a.aO., TV Rn. 38; Voit, in: Prölss/Martin, VVG 31. Aufl., AMB A. § 2 Nr. 1 Rn. 8). Der Versicherer trägt aber jedenfalls die Substantiierungslast für das Fehlen eines Merkmals der - vom Versicherungsnehmer zunächst nur pauschal vorzutragenden - Unvorhersehbarkeit, weil es sich dabei um eine negative Tatsache handelt (vgl. OLG Karlsruhe, VersR 2003, 1124;; Voit in Prölss/Martin, a.a.O., AMB A. § 2 Nr. 1 Rn. 8; Schepers, in: Beckmann/Matusche-Beckmann, Versicherungsrechts-Handbuch 3. Aufl., § 35 Rn. 172), und nach teilweise vertretener Ansicht - jetzt - weitergehend auch die Beweislast für die Voraussetzungen einer in den Bedingungen für diesen Fall vorgesehenen Leistungskürzung analog § 81 Abs. 2 VVG (vgl. OLG Celle, Urteil vom 13. Oktober 2016 - 8 U 21/16, juris; v. Rintelen, in: Martin, a.a.O., § 8 Rn. 245; a.A. Voit, in: Prölss/Martin, a.a.O., AMB A. § 2 Nr. 1 Rn. 8).
Der Kläger erwähnt in seiner Klageschrift zwar, dass die unbenannte Gefahr laut AVB versichert sei. Aber ausdrücklich wird nicht dargelegt, dass diese vorliegt. Auch im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung wird diese Behauptung nicht aufgestellt.
M.E. ist der Parteivortrag zum Vorliegen der unbenannten Gefahr damit unsubstantiiert. - Hier bin ich mir aber nicht sicher, ob das so passt.
Denn:
Wie konkret die Tatsachenbehauptung sein muss, hängt davon ab, was der Partei nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den Einlassungen des Gegners an Angaben möglich und zumutbar ist (BeckOK ZPO/von Selle, 56. Ed. 1.3.2025, ZPO § 138 Rn. 10, beck-online). Der Maßstab liegt also in der Subsumtionsfähigkeit des Vortrags.
Konkludent ergibt sich aus dem Vortrag schon, dass die unbenannte Gefahr vorliegt. - Sinngemäß: "Ich trage zur Gefahr die ich vorhersah vor, damit trage ich zugleich vor, andere nicht vorhergesehen zu haben. Ich wäre wegen meiner Wahrheitspflicht auch dazu verpflichtet, zu anderen Gefahren, die ich für möglich hielt, vorzutragen."
Kann das Gericht eine Tatsache nicht aufgrund eigener Sachkunde feststellen, genügt der Vortrag konkreter Anhaltspunkte, die das Vorliegen der fraglichen Tatsache als möglich erscheinen lassen. - Dieser konkrete Anhaltspunkt wurde hier denklogisch konkludent vorgetragen: Liegt der ausdrücklich versicherte Fall nicht vor, muss zwangsläufig im Umkehrschluss ein anderer vorliegen.
Nach dem vorgesagten und der wirklich niedrigen Schwelle der Darlegungslast, dass lediglich pauschal zu behaupten ist, fürchte ich die Anforderung an die Substantiierung zu überdehnen, wenn ich hier noch zusätzlichen ausdrücklichen Vortrag erwarte. (Ein eventuell nötiger Hinweis ist ein anderes Thema, ich soll die Akte ja "wie sie liegt" bearbeiten. Im Übrigen steht das Urteil meines Ausbilders bereits, sprich er hat auf weitere Hinweise verzichtet. Ich hab mich bei der Hinweisfrage schon einmal in die Nesseln gesetzt, als ich bei ähnlich gelagertem Fall zusätzlich zu dem Urteil die Anmerkung mitgeschickt habe, ob da nicht auf X hingewiesen werden müsse, da erheblich für einen der abgelehnten Ansprüche. Die Antwort kam nach dem Motto: "Ich weise nicht auf alles hin, das erheblich sein könnte, dann komme ich aus dem Hinweisen ja nicht mehr raus. Das sollten mal die Anwälte machen. Ich verbitte mir solche Anmerkungen und sie haben nicht verstanden wie das mit den Hinweisen ist." Für die Anmerkung bekam ich dann noch Punktabzug. Das hingewiesen werden müsse, hatte ich von meinem AG-Leiter...)
Im Hinweisbeschluss wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Kläger sich auf die unbenannte Gefahr berufen könnte, was vom Ergebnis der Beweisaufnahme (SV Gutachten zum vorliegen des ausdrücklich versicherten Falls) abhängt.
Der Sachverständige wurde nach dem Gutachten umfassend von dem Kläger befragt. Die Antworten - aus dem Protokoll gehen die Fragen nicht hervor - lassen darauf schließen, dass die Fragerichtung stets in die Richtung ging, ob das behauptete Ereignis plausibel war. Eine Antwort hinsichtlich einer anderen Ursache findet sich nicht. Die Frage wird auch nicht gestellt worden sein, darüber war kein Beweis zu erheben.)
Treten günstige Beweisergebnisse zu Tage, macht sich die Partei die für sie günstigen Ereignisse hilfsweise zu eigen. - Das ist ja ein recht bekannter Grundsatz, dessen Verletzung regelmäßig Revisionen begründet wegen der Verletzung von Ar.t 103 I GG.
Um jetzt diesen Wust an Erwägungen zusammenfassend zu schließen und zum konkreten Fall zurückzukehren:
Diese günstigen Beweise sind nun - im Umkehrschluss des Ergebnisses des SV Gutachten - zu Tage getreten. Der BGH scheint der Ansicht zu sein, dass man sich das schon ausdrücklich nicht zu eigen machen muss. BGH V ZR 63/13: "Dafür, dass der Bekl. sich dieses für ihn günstige Beweisergebnis nicht wenigstens hilfsweise zu eigen gemacht hat, ist nichts ersichtlich.“ Sprich, der günstige Beweis wäre zu berücksichtigen. Er wäre hier auch entscheidungerheblich, weil dann die unbenannte Gefahr vorliegt.
Nur fehlt mir das ausdrückliche pauschale Darlegen der unbenannten Gefahr als Grundlage dafür, dass dieser Beweis überhaupt erhoben werden muss.
Ich hoffe ich konnte mich so etwas verständlicher Ausdrücken?
(Oder anders gesagt: Ich bin der Auffassung, dass ohne den Hinweis, dass das Gericht die Frage für erheblich erachtet, ob eine unbenannte Gefahr vorliegt oder nicht und die Parteien dies übersehen haben das Ding einer Revision nicht standhalten wird. Ich hab daher erhebliche Probleme damit vor diesem Hintergrund zu entscheiden, dass nichts dargelegt wurde und die Klage abzuweisen ist. Nehme ich an, die Klage ist - Stand jetzt - begründet, wäre das aus dem gleichen Grund nicht haltbar.)
19.04.2025, 16:47
Nachtrag: Ich habe auch überlegt den Weg über § 138 Abs. 3 ZPO zu gehen.
Die Versicherung ist zwar der Auffassung, dass überhaupt kein versicherter Fall vorläge.
Aber auf tatsächlicher Ebene bestreitet die Versicherung nur, dass der Schaden nicht so entstand, wie von der Klägerin behauptet.
Zur unbenannten Gefahr lässt sie sich nicht ein.
M.E. auch verständlich. Warum auch? Die Klägerin hat nicht dahingehend vorgetragen, ein Hinweis erfolgte nicht.
Mit Prölss/Armbrüster VVG Einl. I Rn 354. "Dem VR obliegt es nachzuweisen, dass sich eine nicht versicherte Gefahr verwirklicht hat." geht es ja nur um die Beweislast. Zuerst einmal darlegen müssen hätte es schon der VN.
Die Versicherung ist zwar der Auffassung, dass überhaupt kein versicherter Fall vorläge.
Aber auf tatsächlicher Ebene bestreitet die Versicherung nur, dass der Schaden nicht so entstand, wie von der Klägerin behauptet.
Zur unbenannten Gefahr lässt sie sich nicht ein.
M.E. auch verständlich. Warum auch? Die Klägerin hat nicht dahingehend vorgetragen, ein Hinweis erfolgte nicht.
Mit Prölss/Armbrüster VVG Einl. I Rn 354. "Dem VR obliegt es nachzuweisen, dass sich eine nicht versicherte Gefahr verwirklicht hat." geht es ja nur um die Beweislast. Zuerst einmal darlegen müssen hätte es schon der VN.
19.04.2025, 18:12
(19.04.2025, 18:04)Praktiker schrieb: Warum ist denn Beweis über das Vorliegen der benannten Fälle erhoben worden? Darauf käme es doch dann gar nicht an?
Normalerweise würde es vielleicht so ablaufen: Kläger behauptet, der Schaden sei z.B. durch Sturm entstanden, was bestritten wird. An die unbenannten Gefahren denkt niemand, daher Beweiserhebung. Die Beweiserhebung geht zum Nachteil des Klägers aus. Ist das Dein Fall? Dann würde ich jetzt darauf hinweisen, dass ja auch unbenannte Gefahren versichert sind und was die voraussetzen. Dann trägt der Kläger gescheit vor und die Beklagte erwidert. Aber so lief es bei Dir nicht? Sorry, Dein Sachbericht ist wirklich etwas durcheinander... ;)
19.04.2025, 18:21
Ich glaube dein Denkfehler ist, dass du aus dem Nichtvorliegen eines benannten Falles automatisch einen unbenannten Fall folgerst.
So wie du es schilderst setzt die Klausel, aber zusätzlich Unvorhersehbarkeit voraus. Wenn dazu nichts vorgetragen wurde und sogar ein Hinweis erfolgt ist, sehe ich nicht wo das Problem sein sollte, das abzuweisen.
Edit: Praktischer Gedanke (ich empfehle hierzu das Kaiserskript ZPO): wenn dein Ausbilder Beweis erheben hat lassen und der war negativ ergiebig, spricht das stark für eine Klageabweisung ;)
So wie du es schilderst setzt die Klausel, aber zusätzlich Unvorhersehbarkeit voraus. Wenn dazu nichts vorgetragen wurde und sogar ein Hinweis erfolgt ist, sehe ich nicht wo das Problem sein sollte, das abzuweisen.
Edit: Praktischer Gedanke (ich empfehle hierzu das Kaiserskript ZPO): wenn dein Ausbilder Beweis erheben hat lassen und der war negativ ergiebig, spricht das stark für eine Klageabweisung ;)
19.04.2025, 19:16
(19.04.2025, 18:12)Praktiker schrieb:(19.04.2025, 18:04)Praktiker schrieb: Warum ist denn Beweis über das Vorliegen der benannten Fälle erhoben worden? Darauf käme es doch dann gar nicht an?
Normalerweise würde es vielleicht so ablaufen: Kläger behauptet, der Schaden sei z.B. durch Sturm entstanden, was bestritten wird. An die unbenannten Gefahren denkt niemand, daher Beweiserhebung. Die Beweiserhebung geht zum Nachteil des Klägers aus. Ist das Dein Fall? Dann würde ich jetzt darauf hinweisen, dass ja auch unbenannte Gefahren versichert sind und was die voraussetzen. Dann trägt der Kläger gescheit vor und die Beklagte erwidert. Aber so lief es bei Dir nicht? Sorry, Dein Sachbericht ist wirklich etwas durcheinander... ;)
Deinen Ausführungen über den normalen Fall habe ich nichts hinzuzufügen

(Ausführungen nur sinngemäß)
Kläger behauptet, sein Gebäudeschaden wäre durch Schnee entstanden. Wird bestritten "Es liegt kein versicherte Ereignis vor".
Verfahren wird eröffnet.
Kläger weist nach umfassenden Hinweis, dass sein Vortrag doch arg unsubstantiiert ist, unter anderem darauf hin, das auch die unbekannte Gefahr versichert sei. Tritt den Beweis aber nicht an, dass diese vorliegt.
Unbenannte Gefahr wird von den Parteien fortan nicht mehr erwähnt.
Beweiserhebung durch Zeugen - unergiebig. (Warum überhaupt der Zeuge erschließt sich nicht, da sich schon nach dem Klägervortrag deutlich abzeichnet, dass er weder positiv noch negativ ergiebig sein wird, weil schlicht nicht vor Ort zum fraglichen Zeitpunkt)
Dann Beweisbeschluss Sachverständiger hinsichtlich der Beweisfrage: "Ist die Behauptung des Klägers, das Schadensereignis ist eingetreten, wie sie es darstellt plausibel?".
Gleichzeitig Hinweisbeschluss: "Kläger kann sich womöglich auf unbenannte Gefahr berufen, abhängig von Beweisergebnis."
Natürlich ist der Schaden über 24 Monate später längst behoben, als der Gutachter beauftragt wird.
SV stellt fest "Die Schilderung der Klägerin ist völlig unplausibel und technisch nicht möglich.". Die genaue Ursache ließe sich mit absoluter Sicherheit nur durch zerstörende Bauteilöffnung beantworten, danach sei aber auch nicht gefragt worden. Auf die Bauteilöffnung wurde verzichtet. Noch einige Fragen an den SV durch den Kläger - i.Erg. negativ ergiebig zu der Tatsache.
- Bis hierhin alles mehr oder weniger normal -
Jetzt würde ich dann normalerweise die Parteien hinweisen auf die unbenannte Gefahr.
Ggfs. Beweis erheben. Dann entscheiden.
Die Akte ging durch 2-3 Richter, bis sie bei meinem Ausbilder landete. Der verfasste den Beschluss, in dem zunächst der Beweisbeschluss zum SV drin war und im direkt folgenden Absatz der Hinweis an die Parteien, dass der Kläger sich auf die unbenannte Gefahr berufen könnte, was vom Ergebnis der Beweisaufnahme zu der Plausibilität der Behauptung der Klägerin abhängt.
Und damit endet die Sache. Der Verkündungstermin war schon vor ein paar Wochen. Mein Ausbilder will eben nur, dass ich dazu auch noch ein Urteil schreibe.
@Paul Klee ich sehe nicht den Hinweis, dass die Parten bittschön auch zu der unbenannten Gefahr vorzutragen haben, weil ihr Vortrag dazu unsubstantiiert sein könnte.
Nur, dass abhängig vom Ergebnis der Beweisaufnahme die Klägerin sich darauf berufen könne.
Sprich: Eigentlich müsste ich jetzt nach der Beweisaufnahme drauf hinweisen, dass der Vortrag zur unbekannten Gefahr unsubstantiiert sein könnte, die Klägerin keinen Beweis für ihren Vortrag angetreten hat und damit beweisfällig bleiben wird.
Das ist genau der Punkt, an dem ich die Reichweite des § 139 ZPO (v.a. in der Praxis!) nicht überblicke!

Einerseits liefe das letztlich der Verhandlungsmaxime, dass die Parteien die Tatsachen vorzutragen und zu beweisen haben, zuwider. Hier bei einer – immerhin anwaltlich vertretenen Partei – nach dem eigentlich sehr deutlichen Wink mit dem Zaunpfahl noch bevor der Sachverständige sein Gutachten angefertigt hat, jetzt nach der Beweisaufnahme erneut darauf hinzuweisen, dass dazu (immer) noch nicht vorgetragen wurde, liefe der Arbeitsteilung der an der Rechtspflege beteiligten Organe und der richterlichen Neutralität zuwider. So stehts jedenfalls im Zöller (ZPO § 139 Rn 12a). Sehe ich unjuristisch auch so. Der Richter soll ja nicht den Parteien die Arbeit abnehmen. Auch wenn manche Anwälte mit jedem Schriftsatz erwähnt haben wollen, dass "das Gericht schon konkret darauf hinweisen muss, was an Vortrag noch erwartet". Mal abgesehen, dass das den Prozess vollkommen unnötig in die Länge zieht und nur unnötige Gutachterkosten produziert.
Aber der Zöller sagt postwendend, dass auch hier grundsätzlich ein Hinweis notwendig wäre (Zöller ZPO § 139 Rn 17). Denn der BGH zieht die Grenze hier ganz niedrig zugunsten der Parteien, sprich das Gericht muss eigentlich im Zweifel immer hinweisen.
PS: Das Kaiserskript kenne ich nicht. Ich nehme auch an, dass er abgewiesen hat. Aber mit dem vorgesagten landet das doch gleich ein paar Monate später wieder auf seinem Tisch.
PPS: Und das ist doch auch letztlich nicht Sinn der Sache. Angreifbare Urteile fällen, nur weil ich hoffe die Parteien werden schon a Ruh geben... Da kriegt die Iustitia doch das kalte Kotzen..
20.04.2025, 12:44
Das ist natürlich von allen Seiten aus unterirdisch betrieben worden, aber das lässt sich jetzt nur noch schwer beheben.
An sich hat der Kläger auf den Hinweis ja "unbenannte Gefahr" gesagt, da wäre die Beklagte am Zug gewesen.
Stattdessen der Hinweis an die Klägerseite und von dort keine Stellungnahme mehr. Wenn man jetzt das ganze Ding nicht nochmal aufmachen und ganz neu anfangen will, muss man m.E. so vorgehen:
Der Kläger muss Tatsachen vortragen, aus denen sich zusammen mit einem Rechtssatz die Rechtsfolge ergibt, die er geltend macht. Er hat aber - auch nicht hilfsweise - keine Schadensursache vorgetragen außer der nicht erweislichen, sondern nur eine rechtliche Wertung aufgestellt ("unbenannte Gefahr"). Trotz Hinweises hat er den Vortrag nicht konkretisiert. Daher war der Vortrag zur benannten Gefahr nicht bewiesen und der zur unbenannten nicht schlüssig.
Das kann man so machen - ggf. beginnt dann die nächste Instanz von vorne. Das ist hochgradig unbefriedigend, weil mutmaßlich materiell falsch, aber so ist es halt im Zivilprozess, wenn sich die Parteien nicht um ihre Sache kümmern. Und der Richterwechsel hat der Sache auch nicht gut getan.
Aber wahrscheinlich ist es sogar richtig: der Kläger muss halt nicht nur eine Klausel wiedergeben, sondern den tatsächlichen Vorgang schildern. Er hätte also sagen müssen: "auf nicht bekannte, andere als ... Weise ist Feuchtigkeit... eingedrungen.".
An sich hat der Kläger auf den Hinweis ja "unbenannte Gefahr" gesagt, da wäre die Beklagte am Zug gewesen.
Stattdessen der Hinweis an die Klägerseite und von dort keine Stellungnahme mehr. Wenn man jetzt das ganze Ding nicht nochmal aufmachen und ganz neu anfangen will, muss man m.E. so vorgehen:
Der Kläger muss Tatsachen vortragen, aus denen sich zusammen mit einem Rechtssatz die Rechtsfolge ergibt, die er geltend macht. Er hat aber - auch nicht hilfsweise - keine Schadensursache vorgetragen außer der nicht erweislichen, sondern nur eine rechtliche Wertung aufgestellt ("unbenannte Gefahr"). Trotz Hinweises hat er den Vortrag nicht konkretisiert. Daher war der Vortrag zur benannten Gefahr nicht bewiesen und der zur unbenannten nicht schlüssig.
Das kann man so machen - ggf. beginnt dann die nächste Instanz von vorne. Das ist hochgradig unbefriedigend, weil mutmaßlich materiell falsch, aber so ist es halt im Zivilprozess, wenn sich die Parteien nicht um ihre Sache kümmern. Und der Richterwechsel hat der Sache auch nicht gut getan.
Aber wahrscheinlich ist es sogar richtig: der Kläger muss halt nicht nur eine Klausel wiedergeben, sondern den tatsächlichen Vorgang schildern. Er hätte also sagen müssen: "auf nicht bekannte, andere als ... Weise ist Feuchtigkeit... eingedrungen.".
20.04.2025, 15:36
Bin ich immerhin schon mal erleichtert, dass ich mit meinem Gefühl nicht ganz so daneben lag.
Ich denke ich werde es jetzt auch so machen. Abweisen, weil nicht bewiesen schließlich keine alternativ denkbaren versicherten Ereignisse im Sinne eines substantiierten Vortrags konkret dargelegt.
PS: Ich werde natürlich berichten, wie mein Ausbilder entschieden hat.
Ich denke ich werde es jetzt auch so machen. Abweisen, weil nicht bewiesen schließlich keine alternativ denkbaren versicherten Ereignisse im Sinne eines substantiierten Vortrags konkret dargelegt.
PS: Ich werde natürlich berichten, wie mein Ausbilder entschieden hat.