Warum LG mehr Belastung als VG?

[Praktiker]

Kein Richter am LG arbeitet dauerhaft mehr als 50h die Woche. Das sind Märchenstunden oder Horrorgeschichten überforderter Proberichter, die aber ebenfalls zukünftig deutlich weniger arbeiten.

Das kann man so leider auch nicht sagen. Ich kenne mehrere sehr erfahrene Vorsitzende die insbesondere in Spezialkammern (Bausachen, Patentsachen, Arzthaftung usw.) auch nach über 20 Jahren im Beruf noch regelmäßig 50h aufwärts machen. Das hat sicher auch etwas mit Ansprüchen an sich selbst zu tun, aber einige Gebiete lassen sich eben nicht im Vorbeigehen oder planbar zwischen 9 und 16 Uhr erledigen.

Ich habe aus der Nähe zwei Arzthaftungskammern des selben Gerichts erlebt. Die Sitzungen der einen waren im Schnitt gefühlt doppelt so lange wie die der anderen, Vergleichsquote völlig verschieden, Verfahrensführung sehr unterschiedlich. Vielleicht hatte die eine auch immer Pech und die schweren Fälle, oder die andere hat alles viel zu leicht genommen - kann man lang drüber streiten. Hat jedenfalls dazu geführt, dass die Kammermitglieder sehr unterschiedliche Arbeitszeiten hatten. Wie ist also die Arbeitsbelastung "am Landgericht", und wie "am Verwaltungsgericht"? Schwer zu sagen! Mein Gefühl ist, dass man in der Ziviljustiz durch geeignete Verfahrensführung stärker in der Hand hat, wie dick die Akte wird und wie zielführend prozessiert wird.

[Unbegruendet17]

Danke für die Einblicke! Und welche Tätigkeit ist inhaltlich herausfordernder und spannender in rechtlicher Hinsicht?

[1Ri]

Ihr wollt da immer pauschale Angaben, die höchst subjektiv sind. Mich interessieren Rechtsstreitigkeiten unter Bürgern im Grunde nicht, daher wollte ich definitiv nicht beim LG bleiben. Was man rechtlich als "spannend" empfindet hängt von eigenen Vorlieben ab.

[Praktiker]

... ganz davon abgesehen, dass man an einem Gericht für sehr unterschiedliche Rechtsmaterien zuständig sein kann: Straßenrecht ist anders als Ausländerrecht, und Strafrecht ist anders als Mietrecht und anders als Baurecht oder Presserecht.

Man kann möglicherweise sagen, dass man im Schnitt als Zivilrichter am LG mehr verhandelt, mehr Beweis erhebt, näher an den Leuten dran ist und wegen der häufigen Vergleiche mehr moderierend unterwegs ist. Dass die Rolle aber je nach Persönlichkeitstyp sehr unterschiedlich ausgefüllt werden kann, kommt hinzu: ich kenne etwas Zivilrichter, die in der Sitzung nahezu nichts sagen und fast nie Vergleiche haben, und manche versuchen, alles im Rechtlichen zu entscheiden und selten Beweis zu erheben. Es kommt also darauf an...

[NRWAG]

Im Übrigen hängt es auch davon ab, wo das Gericht liegt. Ein Großstadtgericht wie Düsseldorf oder Köln hat (generell) eine völlig andere Belastung als ein Kleinstadtgericht (z.B. aufgrund massiv höherer Streitwerte, die dann auch die Streitlust und das Geld für Gutachten erhöhen, jedes EFH ist schon im Millionenbereich, große Transaktionen etc. sowie viel mehr überregionale Krawallanwälte statt lokale Anwälte, mit denen man reden kann). Aber auch bei den Großstadtgerichten ist es von Kammer zu Kammer dann wieder sehr unterschiedlich. 
Dass es beim VG ruhiger zugehen soll, habe ich auch gehört (angebliches Zitat eines VG-Vorsitzenden: "Sie nehmen sich die Zeit, die Sie für den Fall brauchen und gehen Nachmittags nach Hause. Wenn dadurch der Bestand ansteigt, hat die Justiz zu wenig Richter eingestellt; nicht unser Problem." Aber auch beim VG wird es genug andere Beispiele geben.), habe ich aber keine eigenen Erfahrungen. 
Alles getoppt wird leider momentan nur von der StA, die zumindest in den Großstädten völlig am Ende ist.