Zur letzten Instanz - Das Forum für Rechtsreferendare

Normale Version: Was macht eine gute Stationsausbildung aus?
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GÄSTIN

Liebe Forumsgemeinde,

Ich glaube ich bin nicht die einzige Ausbilderin, die hier im Forum mitliest und die sich das ab und an fragt... Zwar gibt es bei uns Hilfestellungen zur Formulierung von Statinszeugnissen, aber relativ wenig Material dazu, wie man die Ausbildung gut gestaltet. Deswegen freue ich mich über Beiträge aus dem Forum - von Referendaren oder erfahrenen Ausbildern! Dabei wäre ich ehrlich gesagt besonders dankbar, wenn sich ein paar schwächere Kandidaten (oder solche, die solche kennen bzw. schon erfolgreich ausgebildet haben) äußern könnten. Denn diese Perspektive ist mir gleichzeitig besonders fremd und besonders wichtig.

Ein paar ganz konkrete Fragen sind z.B.:

  1. Wie findet Ihr es, wenn es am Anfang reine Ausbildungsakten zur Bearbeitung gibt, d.h. der Referendar zwar nicht an aktuellen Fällen schreibt, aber dafür in den Akten z.B. typische Fallkonstellationen eingeübt werden können? Habt Ihr solche Akten und nutzt sie in der Ausbildung? Wenn ja, wie viele davon habt Ihr?
  2. Lieber eine ausführliche Einleitung in die Fallakte, oder lieber "erst einmal machen lassen" und am Ende eine umfangreichere Besprechung der Bearbeitung des Referendars? (seien wir ehrlich -für beides reicht die Zeit meist einfach nicht!)
  3. Welche Anzahl an Akten oder welchen Stundenaufwand für die Aktenbearbeitung findet Ihr neben dem Lernen und den AGs für die Referendare angemesssen?
Sicher fallen Euch aber auch andere Punkte ein, auf die es besonders zu achten gilt. Also her mit Euren Tipps, Wünschen, Anregungen und Meinungen!

Gast

(08.12.2018, 22:28)GÄSTIN schrieb: [ -> ]Dabei wäre ich ehrlich gesagt besonders dankbar, wenn sich ein paar schwächere Kandidaten äußern könnten. Denn diese Perspektive ist mir gleichzeitig besonders fremd

Alles klar große Meisterin!

Libidus

Was soll deine Polemik?

Es gibt nunmal schwächere Kandidaten und für doppelt VBler ist es einfach nicht möglich sich in diese Personen hineinzuversetzen. Ich habe viel als Korrekturassistent gearbeitet und habe es durch diese Tätigkeit gemerkt, wie schwach der Durchschnittsjurist ist. Das ist die harte unbeliebte Wahrheit aber eben die Wahrheit. Die Frage der Threaderstellerin hat also seine Berechtigung.

GastNRW23

Zitat:Wie findet Ihr es, wenn es am Anfang reine Ausbildungsakten zur Bearbeitung gibt, d.h. der Referendar zwar nicht an aktuellen Fällen schreibt, aber dafür in den Akten z.B. typische Fallkonstellationen eingeübt werden können? Habt Ihr solche Akten und nutzt sie in der Ausbildung? Wenn ja, wie viele davon habt Ihr?


Für schwächere Kandidaten halte ich Ausbildungsakten für eine gute Möglichkeit. Denn man tut weder dem Referendar noch sich selbst einen gefallen, wenn man ihn/sie an aktuellen Fällen schreiben lässt. Der Erkenntnisgewinn dürfte bei Akten mit typischen Konstellationen größer sein und der Referendar kann sich nach Steigerung in den Ausbildungsakten auch noch an aktuellen Fällen versuchen. 


Zitat:Lieber eine ausführliche Einleitung in die Fallakte, oder lieber "erst einmal machen lassen" und am Ende eine umfangreichere Besprechung der Bearbeitung des Referendars? (seien wir ehrlich -für beides reicht die Zeit meist einfach nicht!)

Auch hier würde ich differenzieren: schwächeren Referendaren würde ich eine kleine "Marschroute" mitgeben (zumindest bei aktuellen Sachen), stärkere erst mal machen lassen. 


Zitat:Welche Anzahl an Akten oder welchen Stundenaufwand für die Aktenbearbeitung findet Ihr neben dem Lernen und den AGs für die Referendare angemesssen?

Welchen Stundenaufwand man angemessen findet, ist schwer zu sagen, da der eine Referendar vielleicht nicht lange für eine Akte braucht, während der andere Tage/Wochen dran sitzt.
In NRW ist man 4 Monate beim Einzelausbilder. Ich meine, 6 Bearbeitungen wären Pflicht, was ich für etwas wenig halte (gerade am AG). Verteilt auf die 4 Monate halte ich ein Urteil/ Votum/ Beschluss (auf LG-Niveau) ca. alle 14 Tage für das Minimum.

Prof Dr Dr Klug

(08.12.2018, 23:51)Libidus schrieb: [ -> ]Was soll deine Polemik?

Es gibt nunmal schwächere Kandidaten und für doppelt VBler ist es einfach nicht möglich sich in diese Personen hineinzuversetzen. Ich habe viel als Korrekturassistent gearbeitet und habe es durch diese Tätigkeit gemerkt, wie schwach der Durchschnittsjurist ist. Das ist die harte unbeliebte Wahrheit aber eben die Wahrheit. Die Frage der Threaderstellerin hat also seine Berechtigung.
Die Frage ... hat seine Berechtigung. Meine Güte... im Grundkurs Deutsch hat es wohl nicht für ein VB gereicht. Warum sind „erfolgreiche“ Juristen teilweise so sozial inkompetent??
Dass ihr die Perspetive eines schwachen Kandidaten fremd ist, hätte sie auch weglassen können.
Ihre Bemühungen als Ausbilderin in allen Ehren, mein Tipp: geben sie einem „schwachen“ Kandidaten nicht das Gefühl sie seien ihm überlegen und behandeln sie ihre Referendare nicht von oben herab.

Berlin

(08.12.2018, 23:51)Libidus schrieb: [ -> ]Was soll deine Polemik?

Jemand, der sich selbst für so gut hält, sollte tatsächlich eine günstigere Formulierung finden können. „Diese Perspektive ist mir besonders (!) fremd.“

:rolleyes:

GÄSTIN

Liebe Forumsgemeinde,

zunächst: nicht jeder gute Jurist, ist gleichzeitig ein guter Anwalt, ein guter Richter und erst recht ein guter Ausbilder.
Das Fragen nach Tipps gerade zum Umgang mit schwächeren Kandidaten hat mit von oben herab nichts zu tun: Titel, Noten und Leistungsniveau etc. machen niemanden zu einem besseren oder schlechteren Menschen. Bitte versucht zu verstehen, dass im Aussprechen oder Ausschreiben unangenehmer Realitäten nicht immer eine böse Absicht oder ein persönlicher Angriff steckt:

Natürlich ist die Referendarperspektive schon nach ein paar Jahren in der Praxis eher fremd. Denn vieles vergisst man, anderes hält man für selbstverständlich etc...
Das viele Ausbilder zu den top 15 Prozent gehör(t)en (wir nehmen der Einfachheit halber nen Ausbilder mit Doppel-VB, auch wenn ich weiß, dass viele Neueinstellungen unter diesen Notenanforderungen erfolgen, und wieder andere noch deutlich bessere Abschlüsse haben) verzerrt zusätzlich den Blick auf das, was sich der Referendar erwünscht, erhofft, erwartet...
Dazu kommt nach meiner eigenen -noch beschränkten- Ausbildererfahrung, dass die stärkeren Kandidaten bisher ihre Wünsche relativ selbstbewusst geäußert haben, die schwächeren leider nicht so.


Wer also etwas Sinnvolles beizutragen hat, ich lese weiter mit und freue mich weiter über Anregungen!

@GastNRW23

Vielen Dank für Deine Tipps -gerade bei der Anzahl der Bearbeitungen liege ich dann wohl aktuell eher zu hoch (1 bis 2 Bearbeitungen pro Woche...). Vielleicht macht es da Sinn noch stärker zu differenzieren und eher "Zusatzfutter" zu geben, als von vornherein zu "überfachten".
(09.12.2018, 14:31)GÄSTIN schrieb: [ -> ]Liebe Forumsgemeinde,

zunächst: nicht jeder gute Jurist, ist gleichzeitig ein guter Anwalt, ein guter Richter und erst recht ein guter Ausbilder.
Das Fragen nach Tipps gerade zum Umgang mit schwächeren Kandidaten hat mit von oben herab nichts zu tun: Titel, Noten und Leistungsniveau etc. machen niemanden zu einem besseren oder schlechteren Menschen. Bitte versucht zu verstehen, dass im Aussprechen oder Ausschreiben unangenehmer Realitäten nicht immer eine böse Absicht oder ein persönlicher Angriff steckt:

Natürlich ist die Referendarperspektive schon nach ein paar Jahren in der Praxis eher fremd. Denn vieles vergisst man, anderes hält man für selbstverständlich etc...
Das viele Ausbilder zu den top 15 Prozent gehör(t)en (wir nehmen der Einfachheit halber nen Ausbilder mit Doppel-VB, auch wenn ich weiß, dass viele Neueinstellungen unter diesen Notenanforderungen erfolgen, und wieder andere noch deutlich bessere Abschlüsse haben) verzerrt zusätzlich den Blick auf das, was sich der Referendar erwünscht, erhofft, erwartet...  
Dazu kommt nach meiner eigenen -noch beschränkten- Ausbildererfahrung, dass die stärkeren Kandidaten bisher ihre Wünsche relativ selbstbewusst geäußert haben, die schwächeren leider nicht so.


Wer also etwas Sinnvolles beizutragen hat, ich lese weiter mit und freue mich weiter über Anregungen!

@GastNRW23

Vielen Dank für Deine Tipps -gerade bei der Anzahl der Bearbeitungen liege ich dann wohl aktuell eher zu hoch (1 bis 2 Bearbeitungen pro Woche...). Vielleicht macht es da Sinn noch stärker zu differenzieren und eher "Zusatzfutter" zu geben, als von vornherein zu "überfachten".

Insbesondere, wenn man sich selbst aber zu den Topjuristen zählt, sollte man doch in der Lage sein, unangenehme Wahrheiten vielleicht etwas empathischer zu verpacken. Insbesondere in einem Forum, wo natürlich nichts jeder Doppel-VB hat.
Ich würde daher in die Anforderungen an einen guten Ausbilder auch den empathischen und sensiblen Umgang aufnehmen.

Von Ausbildungsakten halte ich persönlich nichts und ich bin froh, dass mein Ausbilder so etwas nicht gemacht hat. Diejenigen aus meiner AG, die drei Jahre alte Fälle bearbeiten „dürften“, kamen sich doch etwas verschaukelt vor, da man ja weiß, dass der Mehrwert für den Ausbilder gleich null ist. Natürlich ist er das in vielen Fällen bei echten Akten auch, aber da sich das weniger offensichtlich und die Motivation ist vielleicht größer.

GastNRW23

Was ich für eine gute Ausbildung neben der Bearbeitung von Fällen noch unabdingbar finde, ist den Referendar so gut wie möglich in die Sitzungen mit einzubeziehen. D.h. in einer Kammer, mit zu den Beratungen nehmen und natürlich auch zu den Sitzungen. Nicht unbedingt jede Woche, aber doch regelmäßig. Auch wer später nicht Richter wird, sollte die Arbeitsweise einer Zivilkammer kennen. Auch gemeinsames Mittagessen oder Kaffeepausen, bei denen man andere Richter kennenlernen kann, halte ich für wichtig. Denn irgendwie sollte man als Ausbilder auch ruhig ein wenig Werbung für die Justiz machen und da hilft es durchaus, wenn sich die Referendare auch wohl fühlen und nicht nur zum Akten abholen und besprechen ein mal pro Woche vorbeikommen.

GÄSTIN

(09.12.2018, 17:58)GastNRW23 schrieb: [ -> ]Was ich für eine gute Ausbildung neben der Bearbeitung von Fällen noch unabdingbar finde, ist den Referendar so gut wie möglich in die Sitzungen mit einzubeziehen. D.h. in einer Kammer, mit zu den Beratungen nehmen und natürlich auch zu den Sitzungen. Nicht unbedingt jede Woche, aber doch regelmäßig. Auch wer später nicht Richter wird, sollte die Arbeitsweise einer Zivilkammer kennen. Auch gemeinsames Mittagessen oder Kaffeepausen, bei denen man andere Richter kennenlernen kann, halte ich für wichtig. Denn irgendwie sollte man als Ausbilder auch ruhig ein wenig Werbung für die Justiz machen und da hilft es durchaus, wenn sich die Referendare auch wohl fühlen und nicht nur zum Akten abholen und besprechen ein mal pro Woche vorbeikommen.

Wie haltet Ihr es mit § 10 Abs. 1 GVG? Ziel einer jeden Stationsausbildung oder besondere Auszeichnung für sehr starke Refs?
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