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Normale Version: 3 oder 9 Monate bis zum Wiederholungsversuch?
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Random

Hallo Leute, ich bin durch das zweite Examen gefallen und werde jetzt den EVD antreten müssen. Habe mir auch schon einen Ausbilder gesucht, einen Richter aus meiner Zivilrechts AG mit dem ich zusätzlich noch Originalfälle bearbeiten kann. Ich wusste schon beim Schreiben der Klausuren, dass es nicht gereicht haben wird, fühle mich aber gerade dennoch mies. Ich habe vor dem Examen wirklich viele Probeklausuren gelöst und habe von 40 ca 30 bestanden. Das war für mich ein guter Schnitt, insbesondere weil ich nicht immer nur im ausreichenden Bereich landete, sondern auch des Öfteren mal im VB Bereich. In den Klausuren war ich von der Fülle der Aufgaben aber so erschlagen, sodass Zeitnot und Panik gemixt mit Prüfungsangst zum Versagen führte. Ich habe mich in den Klausuren total überfordert gefühlt und wusste nicht mehr wo ich anfangen soll. Dadurch machte ich viele unnötige Fehler und traute mich manchmal einfach nicht Dinge hinzuschreiben, die im Nachhinein aber richtig gewesen wären. Jetzt bin ich mir sehr unsicher, ob die drei Monate ausreichen oder ob ich nicht dennoch 6 Monate dran hängen soll. Insbesondere kann es sein das ich aus persönlichen Gründen noch 1 Monat vor den Klausuren umziehen muss. Ich befinde mich in einer totalen Zwickmühle weil ich weder weiß wie ich die Prüfungsangst in den Griff bekommen soll, noch wie ich das zeitlich mit dem Umzug regeln soll.

Fandet ihr die 3 Monate ausreichend?

Ich dachte eigentlich, dass ich gut gerüstet war fürs Examen und habe mich durch die Klausuren sicher gefühlt. Aber weder die Klausuren am Gericht noch die Alpmann Klausuren hatten einen Umfang, der mit den Examensklausuren auch nur annähernd vergleichbar war, sodass ich mich in dem Moment nur erschlagen fühlte. Fandet ihr die Kaiser Klausuren besser?

Tut mir leid, jetzt ist es doch so lang geworden.
Danke fürs Lesen.

GÄSTIN

Hi Random,

zunächst einmal wünsche ich Dir, dass Freunde und Familie Dich aufbauen und unterstützen und Du bald wieder nach vorne schaust. Durchfallen hat nicht immer nur etwas mit Vorbereitung zu tun, sondern auch viel mit den Umständen und der Psychologie.

Aber nach der Reihe:

1. Einsichtnahme und ehrliche Standortbestimmung

Ich weiß nicht, ob Du sie schon hattest, aber NIMM UNBEDINGT EINSICHT in Deine Klausuren. Nur so hast Du eine Chance zu erkennen, "welche Leichen Du im Keller hast".

2. Probeklausuren

Erfahrungsgemäß "schummeln" viele Referendare beim Schreiben von Probeklausuren, d.h. man nimmt es mit der Zeit nicht so genau und auch nicht mit den Hilfsmitteln. DAS IST GEFÄHRLICH. Denn so entsteht ein falscher Eindruck (von der Stofffülle etc. überrascht) und vor allem können Sie so die ganz wichtigen Techniken nicht einüben.

Daher der Tipp: Suche Dir einen Klausurenkurs, z.B: https://www.berlin.de/gerichte/kammerger...surenkurs/
(der ist sogar kostenlos :-) und wenn Du die Lösungsskizzen sauber durcharbeitest sehr gut zum Lernen)

Schreibe -egal welchen- Probeklausurenkurs in 4:45 Min (die zusätzlichen 15 min gehen idR im Examen für Stress und einen Toilettengang drauf ;-) und ansonsten unter strikten Klausurbedingungen. Kein Handy, kein Postbote, kein "ich guck noch einmal schnell".

3. Verdeckte Prüfungsangst

Gerade wenn Du gut vorbereitet warst, kann es sein, dass Du an verdeckter Prüfungsangst leidest. DIE MUSST DU DANN ANGEHEN, d.h. Dich an einen Lernberater, Coach, Psychologen etc. wenden. Denn dort kannst Du Techniken erlernen, die Dir helfen können. "Unbehandelt" hast Du sonst fast sicher keine Chance, denn der Druck wird im Zweitbestehensversuch nicht besser.

4. Zeitraum

Es kann ganz ganz schwer gesagt werden, was besser (und im Übrigen in Deinem Bundesland zulässig ist). Aber denk daran, dass "Durchfaller" i.d.R. echte Baustellen haben -und manche sogar mehrere. Da sind 3 Monate (in denen man auch noch einmal ne Erkältung bekommen kann oder einfach mal 2 Wochen den Blues hat) nicht irre viel Zeit.
Womit wir wieder bei 1. wären -mach eine saubere Standortbestimmung!

Viel Glück und Erfolg

Random

Vielen dank für die Antwort.

Bisher habe ich nicht einmal meinen Bescheid erhalten. Habe mein Scheitern über die Liste erfahren und in NRW geschrieben. Ich denke der Bescheid wird morgen ankommen und ich hatte auch geplant mir morgen oder übermorgen die Klausuren anzusehen und Einsicht zu nehmen. Momentan häufen sich nur die Fragen in meinem Kopf und ich verstehe einfach nicht wie ich in den Klausuren so neben mir stehen konnte und die Fülle so falsch einschätzen konnte. Mit Hilfsmittel habe ich (außer bei vier Klausuren am Anfang) nie geschrieben. Gerade um auch realistisch zu sehen wo man steht, denn ich weiß aus dem ersten Examen schon, dass Selbstbetrug einen Kopf und Kragen kosten kann. Ich denke auch daran eine Therapie wegen der Prüfungsangst zu machen, aber ich bin mir so unfassbar unsicher wie lange man sich wirklich Zeit nehmen sollte. Ich weiß, dass dieser Faktor stets individuell bestimmt werden muss, aber weiß jemand ob man sich auch während des EVD noch dazu entscheiden kann danach für 6 Monate auszusetzen?

Gast

Kann man.

Ich würde aber erstmal schauen, wie der EVD bei dir läuft. Der ist kn NRW unglaublich gut organisiert und vielleicht kann man dir relativ schnell helfen. Wenn du nicht durch die Klausuren gefallen bist, weil dir jegliches Grundverständnis fehlt, kann man das Problem eventuell schnell in den Griff bekommen.

Übrigens finde ich 10 von 40 Klausuren relativ viel, muss ich gestanden. Das ist immerhin ein Viertel. Wenn dann tatsächlich Nervosität und Prüfungsangst dazu kommen, kann das schonmal schief gehen. Wenn du jetzt aber siehst, dass die dein neuer Ausbilder hilft und du alle Klausuren bestehst, würde ich mir das mit dem Aussetzen dringend überlegen.... du bist in der Zeit nicht sozialversichert und auf dem Lebenslauf sieht es auch nicht soooo gut aus (aber besser als nochmal Durchfallen, das gebe ich zu).

NRW

Die Zeit ist natürlich oft individuell und es kommt auf die Vorbildung an, womit ich die materiell-rechtlichen Kenntnisse meine. Wenn du materielles Recht kannst, reichen drei Monate völlig aus, wenn du diese dann wirklich intensiv nutzt. Besser drei Monate lernen und dann intensiv, als 9 Monate halb und am Ende einfach nicht mehr zu können. Mit intensiv meine ich 8 Stunden täglich, 6 Tage pro Woche. Und nicht nur Klausuren schreiben, auch lernen.

Nicht aufgeben! Das kann jedem passieren und ist nichts wofür man sich schämen muss. Das ist Staatsexamen.

Die Klausuren aus den AG sind auf jeden Fall einfacher, weil die Klausuren einfach nicht mehr so einfach sind, wie noch vor 5 Jahren.

Kopf hoch!

GÄSTIN

Hi Random,

bei der Einsicht wirst Du sehen, woran es lag. Dann kannst Du gezielt daran arbeiten.
Ich würde aber in der Regel eher von drei Monaten abraten: wenn es nicht außergewöhnliche Umstände (Todesfall, Trennung o.ä.) waren, dann zeigt ein Durchfallen meist einen echten Handlungsbedarf (egal ob im juristischen oder im sonstigen Bereich). Und um den anzugehen braucht es Zeit. Teilweise auch als Vorlaufzeit, z.B. für einen Termin beim Lernberater oder Psychologen. Wenn dann irgendetwas dazwischen kommt, kann es sehr knapp werden.

Zudem bin ich fest davon überzeugt, dass es nicht ratsam ist an 6 Tagen die Woche Jura zu machen. Du brauchst Pausenzeiten um Stoff zu festigen (bzw. sich setzen zu lassen) und Dich zu erholen, und dafür ist ein Tag die Woche zu wenig.

Frag Dich ehrlich (und lass Dir davon vielleicht von Vertrauten helfen), was Du für Dich brauchst, um gut vorbereitet und motiviert in die Prüfung zu gehen. Mach dann genau das!

Viel Erfolg, Du packst das!

Guest

Die letzte Antwort würde ich einfach ignorieren, völlig unsinnig.

NRW-Ref

Das ist ne wichtige Entscheidung, die du in Ruhe treffen solltest. Ich bin selbst gerade im EVD gewesen und kann sagen, dass der sicher ganz okay ist, aber 3 Monate sind wirklich verdammt wenig. Wenn du nur knapp durchgefallen bist, kann man das in 3 Monaten schaffen. Aber einen enormen Punktanstieg schaffst du in so kurzer Zeit einfach nicht.
Klar, wenn du die 9 Monate (oder länger - und glaub mir, in der Rep-AG triffst du Leute, die das schon 2 Jahre rausschieben) nimmst, hat das erhebliche Nachteile und du musst dich auch erstmal finanziert bekommen. Wenn das kein Problem bei dir ist, würde ich ernsthaft drüber nachdenken. Ich bereue im Nachhinein etwas, nur 3 Monate gehabt zu haben. Allerdings wären mir 9 Monate auch zu lang gewesen.
Was ich sagen will: Das musst du echt individuell entscheiden. Anhand deiner Defizite nach der Klausureinsichtnahme, aber eben auch nach deiner psychischen Verfassung. War es das erste mal, dass du so eine gefühlte "Niederlage" erlebt hast? Dann halte ich es persönlich für schwer sich in 3 Monaten wieder aufzurappeln und ohne latente Prüfungsangst wieder anzusetzen.
Was du dabei auch bedenken solltest: Du hast noch einen dritten Versuch! Aber für den kannst du dir dann eben nicht aussuchen wie lange du dich vorbereiten willst. Da ist die Frist viel kürzer und das LJPA handhabt das meiner Kenntnis nach auch relativ streng.

Random

Vielen Dank für eure Beiträge!

Ich war am Montag bei der Einsicht und mir fehlen insgesamt 2 Punkte. 4 Klausuren habe ich bestanden. Die Einsicht war hart, aber ich habe mir die Klausuren abfotografiert und lese sie mir aktuell durch. Es gibt durchaus Fehler die immer wieder auffallen : Tatbestand viiiiieeel zu ausführlich und dadurch geriet ich am Ende in extreme Zeitnot, nicht ordentlich subsumiert und zu ungenau. Die Ungenauigkeit kann ich auf die von mir empfundene und auch selbst produzierte Zeitnot zurück führen, sodass ich alles in allem viel besser im Zeitmanagement werden muss. Darüber hinaus habe ich es im Examen kaum geschafft Lösungsskizzen anzufertigen und das merke ich an meinen Arbeiten auch. Sie lesen sich viel schlechter als Aufsichtsarbeiten, bei denen ich strukturiert vorher mir was überlegt habe. Darüber hinaus waren meine praktischen Arbeiten einfach für den A.... Und wieder das Thema Zeitnot, ich habe am Ende immer nur ca. 5 Minuten für die Anfertigung zb einer Klageerwiderung oder Ähnliches gehabt. Das geht so nicht, wenn ich eine einigermaßen solide Leistung abgeben will. Das brach mir insbesondere bei der staatsanwaltschaftlichen Klausur das Genick.

Alles in allem gilt es nun an meinem Zeitmanagement zu pfeilen und an meinen Rechtskenntnissen. Es ist nicht so, dass meine materiell rechtlichen Kenntnisse nicht ausreichen, aber ich glaube ich muss sie noch mehr an kleinen Fällen (wie zb zum ersten Examen) trainieren, um für alles gewappnet zu sein und mich psychisch sicherer zu fühlen. Die größte Kritik an meinen Arbeiten wurde aber größtenteils nicht an meinen rechtlichen Kenntnissen geübt, sondern an meiner Ungenauigkeit und meiner fehlenden Subsumtion.

Darüber hinaus habe ich am Freitag meine erste Sitzung bei einer Psychologin/Coachin, die mir bei der Überwindung meiner Prüfungsangst und negativen Einstellung gegenüber Prüfungen helfen soll.

Ich denke, dass ich erst mal die 3 Monate anpeilen werde und wenn ich nach der Zeit merke, dass es überhaupt nicht reicht und auch mein Ausbilder denkt meine Klausuren sind einfach zu schlecht, werde ich das Referendariat für weitere 6 Monate unterbrechen. Finanziell bin ich abgesichert, aber ich glaube psychisch ist es einfach verdammt hart nochmal ein halbes Jahr dran hängen zu müssen. Darüber hinaus will ich aber auch niemandem mehr auf der Tasche liegen. Insgesamt habe ich die Situation relativ gut verkraftet. Ich fange gerade wieder an zu lernen und bin eher abends noch etwas niedergeschlagen vom Ergebnis. Ich glaube also meine Einstellung wird nicht das Problem sein, aber ich hoffe das es dann auch irgendwann mal reicht.

NRW

Werden die Klausuren eigentlich alle nur von Richtern korrigiert oder werden die Rechtsanwaltsklausuren von Anwälten, die Behördenklausuren von Verwaltungsjuristen, Staatsanwaltsklausuren von Staatsanwälten korrigiert?
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