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Lukas

Liebe Leute, 

ich bin auch – wie so viele – seit langem ein stiller Mitleser. Ich stehe kurz vor dem Ende meines Referendariats und habe überhaupt keine Lust mehr. Gerade an so schönen Tagen wie heute fällt mir auf, dass Jura mir viel Lebenszeit  geraubt hat. Das viel größere Problem ist aber, dass ich nicht mehr weiß, ob ich überhaupt als Jurist arbeiten möchte. Das lässt einen natürlich nicht gerade motivierter lernen. 

Meine Anwaltsstation habe ich in einer Großkanzlei verbracht und habe festgestellt, dass mir die Mandanten eigentlich total egal sind, ich nicht gut mit Hierarchien umgehen kann und allgemein nur noch genervt von der Tätigkeit sowie den Leuten dort war. Scheidet also auf jeden Fall aus. Die Gerichtsstation hat mir eigentlich sehr gut gefallen und das könnte ich mir durchaus auch vorstellen. Andererseits scheint dort die Arbeitsbelastung auch immer größer zu werden und ich weiß nicht, ob ich den nötigen Idealismus und den Spaß an Jura mitbringen kann. Als typischer Vertreter der Generation Y ist mir meine Freizeit und Familienleben sehr wichtig. 

Meine Frage an euch lautet daher, habt ihr euch mal in ähnlichen Situation empfunden und seid jetzt doch mit der Entscheidung Jura zu studieren glücklich? Vielleicht auch überrascht von der späteren beruflichen Tätigkeit und den Spaß daran? Oder denkt ihr eher, dass es für mich höchste Zeit wird, sich nach Alternativen umzusehen und den Absprung zu schaffen? 

Vielen Dank im Voraus!

Gast

Ich denke, dass der Absprung so kurz vor knapp nicht nötig ist. Denn wenn Du das zweite Examen machst, wenn es auch mangels Motivation unter Umständen nicht perfekt gelingt, kannst Du danach selbstbestimmt entscheiden, ob Du Jura weiter machen möchtest oder eben nicht. Brichst Du ab, nimmst Du Dir zwanglos die Möglichkeit, bei bestehenden Optionen eine Wahl zu treffen. 

Mir geht es ähnlich. Ich würde zwar gerne in den Staatsdienst gehen, weil ich den nötigen Idealismus habe. Allerdings weiß ich nicht, ob die Noten im Zweiten passen werden. Wenn nicht, dann weiß ich auch nicht genau, wohin.

Gast

Guten Morgen, 

ich kenne wenige Juristen, die durchgängig von ihrem Studium und Referendariat begeistert waren. Im Gegenteil. An Deiner Stelle würde ich mir die Möglichkeiten, die Du mit zwei Examina hast, jedoch keines Falles nehmen. In der Zeit, in der Du für das zweite Examen lernst, kannst Du ja bereits überlegen, wo der Weg hingehen soll. Ich denke, dass an die 50 % dieses Studium nicht noch mal wählen würden. Ich denke auch sehr oft, dass ich mir damit meine jungen Jahre sehr schwer gemacht habe. Viele Sorgen, immer Druck und dann eben noch viele andere Juristen, die einem Angst machen und Müll labern. Letzten Endes ist es wichtig, glücklich im Leben zu sein. Trotzdem, nimm die Chance noch an, schreib Dein zweites Examen und dann finde Deinen Weg :-) 

Auch wenn das jetzt eher die emotionale Ebene war, ich hoffe, Du kannst Dich noch mal dazu aufraffen... Nicht dass man es irgendwann vielleicht mal bereut!

Viele grüße

NRWNRW

Mir hat das Studium auch eher wenig Spaß gemacht und ich war oft genervt davon, wieviel Zeit fürs Lernen drauf geht und wie viel mehr Zeit andere  Leute für schöne Sachen haben. Das Ref hat mir eim Vergleich schon sehr viel mehr Spaß gemacht. Das Lernen natürlich auch nicht. Aber wer findet das schon tolll? Jetzt bin ich seit anderthalb Jahren fertig und arbeite auch fast genauso lang (StA). Und es macht mir so viel Spaß. Ich gehe echt jeden Tag gern zur Arbeit und die Zeit verfliegt nur so. Natürlich ist es  auch da eine relativhohe Arbeitsbelastung, aber es wird sich auch ändern im Laufe der Zeit. Also halte durch! und gib noch mal Gas! Wenn du dann tatsächlich mal "richtig" gearbeitet hast und dann merkst, dass es nichts ist, was dich glücklich macht, kannst du immer noch was anderes machen. Auf die Zeit jetzt kommt es dann auch nicht mehr an.

GastNRW88

Schön, dass es auch mal solche Posts gibt, die die Realität zeigen. 

Mir geht es ähnlich. Ich habe das zweite Examen zwar bereits in der Tasche (7,1), aber etwas anderes als den Staatsdienst kann ich mir nicht vorstellen. Ich möchte so gerne zur StA, die Noten reichen aber nicht. 

Der Verbesserungsversuch ist geschrieben, die Klausuren liefen aber schlecht. Ich bin komplett ausgelaugt. Diese „Übergangsphase“ jetzt ist total schrecklich. Ich habe (trotz zwei Staatsexamen) richtige Panik, nicht glücklich zu werden im Job. :(

Gast

(07.04.2019, 09:32)GastNRW88 schrieb: [ -> ]Schön, dass es auch mal solche Posts gibt, die die Realität zeigen. 

Mir geht es ähnlich. Ich habe das zweite Examen zwar bereits in der Tasche (7,1), aber etwas anderes als den Staatsdienst kann ich mir nicht vorstellen. Ich möchte so gerne zur StA, die Noten reichen aber nicht. 

Der Verbesserungsversuch ist geschrieben, die Klausuren liefen aber schlecht. Ich bin komplett ausgelaugt. Diese „Übergangsphase“ jetzt ist total schrecklich. Ich habe (trotz zwei Staatsexamen) richtige Panik, nicht glücklich zu werden im Job. :(


Hau eine Bewerbung raus zur StA. Du hast eine 7 vor dem Komma, das ist nicht schlecht. Auch die StA's suchen derzeit idR. Und es gibt immer die offiziellen Einstellungsvoraussetzungen und die nicht so offiziellen. Versuchen würde ich es definitiv. Am besten irgendwo, wo möglicherweise strukturbedingt ein Mangel herrscht, sofern du da flexibel und nicht ortsgebunden bist. Viel Glück!

Gast

(08.04.2019, 23:44)Gast schrieb: [ -> ]
(07.04.2019, 09:32)GastNRW88 schrieb: [ -> ]Schön, dass es auch mal solche Posts gibt, die die Realität zeigen. 

Mir geht es ähnlich. Ich habe das zweite Examen zwar bereits in der Tasche (7,1), aber etwas anderes als den Staatsdienst kann ich mir nicht vorstellen. Ich möchte so gerne zur StA, die Noten reichen aber nicht. 

Der Verbesserungsversuch ist geschrieben, die Klausuren liefen aber schlecht. Ich bin komplett ausgelaugt. Diese „Übergangsphase“ jetzt ist total schrecklich. Ich habe (trotz zwei Staatsexamen) richtige Panik, nicht glücklich zu werden im Job. :(


Hau eine Bewerbung raus zur StA. Du hast eine 7 vor dem Komma, das ist nicht schlecht. Auch die StA's suchen derzeit idR. Und es gibt immer die offiziellen Einstellungsvoraussetzungen und die nicht so offiziellen. Versuchen würde ich es definitiv. Am besten irgendwo, wo möglicherweise strukturbedingt ein Mangel herrscht, sofern du da flexibel und nicht ortsgebunden bist. Viel Glück!


Mir ist kein Bundesland bekannt, bei dem tatsächlich 7,1 reicht. Selbst NS lädt mit der Note im Moment nicht ein.

bln

Was ist denn mit Berlin?
Eigentlich braucht man zwar 8,0 wie für das Richteramt, aber irgendwie hatte doch auch mal die StA selbst ausgeschrieben und so weit ich weiß, wurden diese Stellen gar nicht voll besetzt (mangels Bewerbern). Erkundige dich doch mal, wer da zuständig ist und frag direkt bei der StA an!?
Ich könnte mir vorstellen, dass die froh wären dort!

GastNRW2

Gerüchteweise hört man auch vom OLG Hamm, dass sie unter 7,76 für die StA einstellen, aber ob das nun stimmt ist eine andere Sache

NRW 1

Also ich kenne das jetzt nicht wirklich, was der TE so beschreibt. Ich habe aber schon mit 13-14 entschieden, dass ich Anwalt werde und für gewöhnlich bleibe ich bei einmal getroffenen Entscheidungen. Ich bin sicher kein typischer Jurist und natürlich würde ich lieber den ganzen Tag Snowboard fahren, Playstation zocken, Bücher lesen oder mich mit Freunden treffen. Aber leben kostet nunmal Geld und man muss daher leider irgend einen Job machen. Und von allen möglichen Jobs, die natürlich alle nicht toll sind, weil nicht arbeiten immer besser ist als arbeiten, war für mich die GK der beste Deal. Das Gehalt ist gut und man hat sehr schenll große Rücklagen, womit man dann auch mal leicht ein Jahr Pause machen kann, die Arbeitszeiten finde ich persönlich dafür ok. Bin im öffentlichen Wirtschaftsrecht und sehr sehr selten mal später als 8 zuhause, eher so um 19:30. Dafür, dass ich ca. so viel verdiene wie meine beiden Eltern als Lehrer zusammen, finde ich das fair. 

Ansonsten kann ich nur empfehlen Freude in dem was man tut zu suchen. Nicht in eine passive Einstellung von "mach mich glücklich Tätigkeit" verfallen, das ist genau so schädlich wie in Beziehungen. Manche Menschen haben einfach von Geburt an eine natürliche Glückseeligkeit, andere nicht. Tipps für die letztere Gruppe habe ich leider nicht, aber ich habe im Studium echt viele Jobs gemacht. Vom Kellnern übers Dachdecken bis zum Nachhilfeunterricht war alles dabei. Und wirklich unzufrieden war ich nie, aber mein jetziger Job ist schon der beste. Man sitzt bequem, es gibt leckeren Kaffee, man geht jeden Tag lecker essen und schreibt eben ab und zu kleine Aufsätzchen. Wenn man nicht die Ambitionen hat "Karriere" zu machen, ist das ganze echt entspannt. In ein paar Jahren sucht man sich dann halt was in der Rechtsabteilung und macht fast dasselbe wieder :)

PS: Ein grundsätzliches Problem der Generation Y ist, dass sie viel viel viel zu sehr "reflektiert" alles zerdenkt ständig darüber grübelt "wie geht es mir dabei, was fühle ich". Hör einfach auf damit. Mach einfach normale Dinge und leb dein normales Leben, das Gras ist überall ca. gleich grün. Ein Kumpel von mir ist ausgewandert und hat eine Tauchschule eröffnet, der ist jetzt auch nicht viel glücklicher als vorher. Stress mit den Kunden, Stress mit den Angestellten, Stress mit den Behörden. Tauchen kann er auch selbst nicht so viel, wie er sich das vorgestellt hat. Im Endeffekt wäre er wohl glücklicher, mit einer Projektstelle in Deutschland, die ihm erlaubt 2-3 Monate ganz dem Tauchen zu widmen.
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